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"Kangaroo"-Projekt 14.08.2022 14:44:00

Endlich neuer Schwung für die Zalando-Aktie? Offenbar plant Zalando Expansion in die USA

Endlich neuer Schwung für die Zalando-Aktie? Offenbar plant Zalando Expansion in die USA

• Zalando leidet unter schwacher Konsumlaune, Lieferkettenschwierigkeiten und steigenden Zinsen
• Geheimoperation "Kangaroo" soll milliardenschweren Modemarkt der USA für Zalando öffnen
• Das Projekt eröffnet große Chancen - aber birgt hohe Risiken

Zalando galt als einer der Hauptprofiteure der Corona-Pandemie. Der unverhoffte Wachstumssprung ist seit mehreren Monaten jedoch Geschichte. Das 2008 gegründete Unternehmen sieht sich inzwischen mit vielen Belastungsfaktoren konfrontiert: Die Stagnation des E-Commerce, Lieferkettenprobleme, eine erschwerte Kreditaufnahme durch die hohen Leitzinsen, die Konsumflaute aufgrund von Rezessionstendenzen und der Mangel an Innovationen für ein weiteres langfristiges Wachstum machen dem Versandhändler zu schaffen. Neuerdings scheint Zalando aber an einem großen Projekt zu arbeiten.

Geheimoperation "Kangaroo": Zalando vor Markteintritt in den USA?

Wie "Business Insider" berichtet, plant Zalando unter dem Projektnamen "Kangaroo" einen Eintritt in den US-amerikanischen Markt. Ab kommenden Jahr soll der Online-Modehändler im Nordosten der USA mit dem Verkauf beginnen. Hauptverantwortlich für diese Operation zeichnet sich offenbar der Chief Business and Product Officer Jim Freeman, der selbst Amerikaner ist und als ehemaliger Mitarbeiter bei Amazon jahrelange Erfahrung mit dem amerikanischen E-Commerce-Geschäft aufweist. Darüber hinaus gilt Freeman seit dem Rücktritt Rubin Ritters als Schatten-CEO des Berliner Modekonzerns, wie "Business Insider" einordnet.

Die Operation "Kangaroo" war eigentlich als streng geheim geplant, jeder der schätzungsweise 100 Mitarbeiter von "Kangaroo" soll NDAs (Verschwiegenheitserklärungen) unterzeichnet haben. Selbst unternehmensintern sollte möglichst wenig über das Projekt bekannt werden. Genutzt hat das Schweigegelübde allerdings herzlich wenig: "Business Insider" weiß dank exklusiven Insiderinformationen Einiges über die Aspekte des Projekts zu berichten. Demnach plant Freeman die Investition einer dreistelligen Millionensumme, damit Zalando im reichen Nordosten der USA Marktanteile gewinnen kann. Die Wahl der Region ist nicht zufällig: In den nordöstlichen Bundesstaaten wird am meisten Geld für Konsum ausgegeben, im Jahr 2020 lag diese für den Modehändler essentielle Kennziffer im Schnitt bei satten 68.696 US-Dollar pro Kopf, für Mode allein wurden 2.041 US-Dollar bezahlt.

Chancen und Gefahren beim Zalando-Sprung in die USA

Das Projekt birgt jedoch viele Risiken in sich. Das offensichtlichste Problem liegt darin, dass der US-Modemarkt äußerst umkämpft ist. Es ist sehr schwierig, als Neuankömmling einen Fuß in die Tür des Milliardenmarkts zu setzen. Zalando muss dringend seinen Bekanntheitsgrad steigern und dafür Millionen in Marketingmaßnahmen investieren. Neben traditioneller TV-Werbung und großen Bannern in Großstädten dürfte Zalando auch auf bekannte US-Influencer in sozialen Medien wie Facebook, Instagram und TikTok setzen, um rasch junge Kunden zu gewinnen. Bislang zeigte sich Zalando - anders als der deutsche Wettbewerber ABOUT YOU - allerdings äußerst zurückhaltend bei Influencer-Werbung. Das soll sich laut Insidern beim "Kangaroo"-Projekt ändern. Die große Frage wird jedoch lauten, inwiefern sich Zalando von den Dutzenden Wettbewerbern abheben will. So sind die kostenlosen Retouren, mit denen Zalando auf dem europäischen Kontinent anfangs ein Alleinstellungsmerkmal besaß, in den USA schon lange Standard. Zweifelsohne steht viel auf dem Spiel: Ein Misserfolg Zalandos auf dem amerikanischen Markt würde die dreistelligen Millioneninvestitionen in den Sand setzen, was gerade bei der derzeit angespannten Unternehmenslage problematisch wäre.

Auf der anderen Seite eröffnet ein erfolgreicher Markteintritt in den USA ein enorm hohes Gewinnpotenzial, worauf der zur Zeit stagnierende Modekonzern Zalando angewiesen sein könnte. Der Nordosten der USA bietet dabei nicht nur Millionen von äußerst kaufkräftigen und -willigen Konsumenten, sondern als Hightechhub auch eine exzellente Infrastruktur. So gibt es technisch hochwertige Verteiler- und Logistikzentren und gut ausgebildete Arbeitskräfte.

So äußert sich Zalando zu dem Projekt

Wie kommentiert Zalando das Projekt? "Business Insider" schickte einen langen Fragenkatalog an Zalando bezüglich der geplanten US-Expansion, bekam jedoch eher ausweichende Antworten - was angesichts der generellen Geheimhaltung des Projekts kaum verwundert. Immerhin deutete eine Sprecherin außereuropäische Wachstumspläne an: "In den letzten Jahren haben wir große Fortschritte auf unserem Wachstumspfad in Europa gemacht. Wir halten kontinuierlich Ausschau nach Möglichkeiten, unser Angebot zu verbessern, dazu gehören auch mögliche neue Kategorien und Regionen. Wir glauben, dass es in diesem Zusammenhang auch Möglichkeiten geben wird, über den europäischen Kontinent hinaus zu wachsen." Angesichts der mannigfaltigen Probleme auf dem Heimatmarkt sei "Kangaroo" zwar "on hold": «Im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld konzentrieren wir uns darauf, unsere Kundinnen, Kunden und Partner in bestehenden Zalando Märkten bestmöglich zu bedienen", so die Sprecherin. Dennoch halte der Konzern an US-Plänen für das Jahr 2013 fest, wie interne Quellen gegenüber "Business Insider" berichten.

Zalando-Aktie: Börsentalfahrt ohne Ende?

Angesichts der derzeitigen Börsenflaute des Konzerns steht Zalando unter Zugzwang. Die Zalando-Aktionäre mussten in den vergangenen Monaten nämlich ein äußerst stabiles Nervenkostüm mitbringen, verlor ihr Titel in den letzten zwölf Monaten doch 65,2 Prozent an Wert. Anfang Juli 2021 erreichten die Zalando-Papiere noch ein Rekordhoch von mehr als 103 Euro, aktuell beträgt der Preis für eine Aktie vom Onlinehändler nur noch 31,99 Euro (Stand: Schlusskurs vom 12. August 2022). Das aktuelle Niveau ist damit sogar deutlich niedriger als jenes von vor der Corona-Pandemie - die zwischenzeitlich enorm hohen Buchgewinne sind damit weggeschmolzen. Das Management erwartet für 2022 ein EBIT (Gewinn vor Zinszahlungen und Steuern) von nur noch 180 Millionen bis 260 Millionen Euro - 2021 betrug dieses noch 468,4 Millionen Euro.

Ein schwacher Trost liegt darin, dass Zalando mit seinen Schwierigkeiten nicht allein ist: Auch andere Online-Modehändler gerieten im allgemeinen Tech-Abverkauf unter die Räder, so notieren auch die Aktien der Global Fashion Group (GFG) oder von ABOUT YOU deutlich unter ihren Höchstständen aus dem vergangenen Jahr.

Um die Anleger wieder zum Kauf der Aktie zu animieren, benötigt Zalando dringend neue Projekte. Nur so kann das schwächelnde, als einfallslos geltende Krisen-Unternehmen wieder zu der dynamischen Wachstumsmaschine werden, die an der Börse entsprechend optimistisch beurteilt wird. Ob das US-Projekt "Kangaroo" dabei helfen kann, das Ruder bei Zalando rumzureißen, bleibt indes abzuwarten.

Redaktion finanzen.at

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