09.09.2015 13:45:40

Deutsches Kartellamt leitet kein Verfahren gegen Google zu Leistungsschutzrecht ein

BERLIN/BONN (dpa-AFX) - Das Bundeskartellamt wird im Streit um das Vorgehen von Google nach Einführung des Leistungsschutzrechts für Presseverlage kein Verfahren gegen den Internetkonzern einleiten. "Die Grenzen des kartellrechtlich erlaubten Verhaltens waren in diesem Fall nicht übertreten", erklärte Kartellamtspräsident Andreas Mundt am Mittwoch. Die Behörde hatte eine solche Entscheidung bereits vor rund einem Jahr in Aussicht gestellt.

Das im August 2013 eingeführte Leistungsschutzrecht lässt Lizenzgebühren für die Verwertung von Verlagsinhalten im Internet zu. Allerdings sind kleinste Textteilen weiterhin kostenfrei nutzbar. Nachdem die Verlagshäuser ihre Forderungen über die Verwertungsgesellschaft VG Media gestellt hatten, reagierte Google mit einer Verkürzung der Vorschau-Inhalte - wenn die Verlage nicht einer unentgeltlichen Nutzung einwilligten.

Mit diesem Vorgehen wolle sich der Internetkonzern gegen das Risiko absichern, gegen das Leistungsschutzrecht zu verstoßen, hieß es. Die VG Media reichte Beschwerde ein, Google bat das Kartellamt im vergangenen Herbst um eine klärende Stellungnahme.

"Im Kern dieser Debatte steht eigentlich nicht das Kartellrecht, sondern die Frage der Reichweite des Leistungsschutzrechts", erklärte Mundt jetzt. Seine Behörde habe Google zugleich deutlich gemacht, dass eine Totalauslistung einzelner Verleger einen Verstoß gegen das kartellrechtliche Diskriminierungsverbot darstellen könnte.

Aber auch ein marktbeherrschendes Unternehmen könne kartellrechtlich nicht dazu verpflichtet werden, bei einer ungeklärten Rechtslage ein erhebliches Schadensersatzrisiko einzugehen, argumentierte das Kartellamt. In Spanien, wo in der dortigen Version des Leistungsschutzrechts keine Einwilligung zur Gratis-Nutzung vorgesehen war, schaltete der Internetkonzern die lokale Version seines Nachrichtenportals Google News ab.

Die VG Media erklärte, die Entscheidung des Bundeskartellamts sei "nicht maßgeblich und ohne jegliche Bindungswirkung", da es seit Dezember ein Verfahren vor der Kartellkammer des Landgerichts Berlin gebe. "Die Verleger gehen damit gegen die von Google unter Missbrauch seiner Marktmacht erzwungenen Gratiseinwilligungen in die Nutzung ihrer digitalen Verlagsinhalte gerichtlich vor."

Google zeigte sich mit der Entscheidung des Bundeskartellamts zufrieden. "Wir begrüßen dies, denn wir möchten keine juristischen Auseinandersetzungen mit Verlagen führen", erklärte ein Sprecher am Mittwoch. "Viel lieber wollen wir mit ihnen zusammenarbeiten, um Besucher auf ihre Webseiten und Apps zu leiten, ihre Marken online zu stärken und digitalen Journalismus zu fördern."

Das Kartellamt sei in engem Kontakt mit der Europäischen Kommission vorgegangen, teilte die Behörde mit. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager geht in dem Brüsseler Verfahren dem Verdacht nach, Google habe seine Marktposition missbraucht, eigene Angebote in den Vordergrund gerückt und Konkurrenten benachteiligt.

Der Internetkonzern weist die Vorwürfe zurück. "Es gibt keine Überschneidung zwischen diesem speziell gelagerten Fall und dem laufenden Google-Verfahren der Kommission", erklärte Mundt zugleich. "Die von EU-Kommissarin Vestager in diesem Verfahren eingeschlagene Richtung kann ich nur unterstützen."

Google und VG Media streiten auch vor der Schiedsstelle für Urheberrechtsangelegenheiten beim Deutschen Patent- und Markenamt. Dort geht es unter anderem um die Länge der Textauszüge und um die Frage, ob der von der VG Media aufgerufene Tarif angemessen ist. Die Entscheidung aus München war eigentlich für den Frühsommer erwartet worden, wurde von der Schiedsstelle aber mehrfach verschoben./so/DP/she

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