12.06.2014 19:10:59
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DER STANDARD-Kommentar: "Was wirklich wütend macht" von Karin Riss
Wien (ots) - Es heißt ja, dass ein Problem allein dadurch erträglicher wird, dass man den Frust darüber an geeigneter Stelle loswerden kann. Die Familienministerin hat das jetzt bei ihrem SPÖ-Verhandlungsgegenüber, Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek, versucht. Sie sei "enttäuscht und sehr wütend", ließ Sophie Karmasin da ziemlich un-politikerlike Dampf ab. Das mag zwar sympathisch rüberkommen, verstellt aber den Blick auf das, was wirklich aufregt.
Für jene, um deren berufliches Umfeld es beim Streit um den Ausbau von Kinderbetreuungsplätze geht, ist es ungleich schwieriger, ein Ventil für ihren Ärger zu finden. Denn diese eine Stelle, bei der man sich über all die Widrigkeiten und Absurditäten des Systems beschweren könnte, gibt es für sie nicht. Für den elementaren Bildungsbereich zuständig sind neben Gemeinden und Ländern bis zu drei Ministerien (Familie, Unterricht, Integration). Kein Wunder also, dass Experten, etwa von der Plattform Educare, mit der Forderung nach einem einheitlichen Bundesrahmengesetz - und damit klaren Zuständigkeiten und Regeln - seit Jahren im Kreis laufen. Ist ja keiner zuständig. Oder eben immer der andere.
Dass die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern jetzt mit einiger Dramatik in der Wortwahl unterbrochen wurden, ist Glücksfall und anschauliches Beispiel zugleich für absurden Föderalismus. Zweifelsfrei gut ist, dass der Gesetzesentwurf nicht so ohne weiteres durchging. Denn inhaltlich ist tatsächlich einiges verbesserungswürdig. Dass Kindergärten künftig etwa 45 statt 47 Wochen offenhalten müssen, ist in der Tat unzumutbar. Für die Eltern!
Schon die bisherige Regelung steht in keinem Verhältnis zum gesetzlichen Urlaubsanspruch berufstätiger Mütter und Väter. Dass Karmasin hinter diesen Status quo zurückfallen will und das mit der Unzumutbarkeit für finanzklamme Gemeinden rechtfertigt, kann einen schon "sehr wütend" machen.
Ärgern kann man sich auch über die "freiwillige" Verbesserung des Betreuungsschlüssels. Oder darüber, dass man auch diesmal darauf verzichtet hat, Mittel, die nicht im Sinne der - ohnehin mehr als vagen - Qualitätsvorgaben eingesetzt wurden, zurückzufordern. Schlicht "enttäuschend" ist, dass auch die jetzt eingetretene Nachdenkpause wohl nicht für mutigere Schritte genützt wird. Denn die Gemeinden haben natürlich recht, wenn sie sich nicht auf den mauen Deal einlassen wollen, ziemlich viel Geld in die Hand zu nehmen, um letztlich auf ziemlich hohen Personalkosten für zusätzliche Pädagoginnen sitzenzubleiben. Wer Bildung als zentrale Aufgabe des Staates definiert, muss auch die systematischen Rahmenbedingungen hierfür schaffen. Heißt: Bundeskompetenz statt neun verschiedene Ländergesetze.
Was am vorliegenden Entwurf am meisten aufregt: dass die Ausbildung künftiger Pädagogen nicht einmal erwähnt wird. Gut, es kann ja auch nicht jeder Tischler einen Uni-Abschluss machen, wie Karmasin unlängst meinte. Dass der derzeitige Weg, für den man sich in Österreich immer noch mit 14 Jahren entscheiden muss, europaweit unterdurchschnittlich ist, weiß sie trotzdem. Das führt einerseits dazu, dass viele Absolventinnen nie im Beruf landen. Und diejenigen, die es doch tun, verstehen sich dann oft immer noch als die liebe Basteltante, die schaut, dass die Kinder auch schön brav sind. Das alles kann einen schon wütend machen. Sehr sogar.
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