06.10.2013 18:35:58
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DER STANDARD-Kommentar "Eine schwarze Hoffnung" von Michael Völker
Wien (ots) - Nein, Sebastian Kurz wird nicht neuer ÖVP-Obmann. Noch nicht. Michael Spindelegger ist noch nicht bereit dazu, die Partei ist noch nicht bereit dazu und Kurz selbst auch nicht. Noch nicht. Aber irgendwann ist das denkbar. Sogar logisch. Kurz ist die Zukunftshoffnung der ÖVP. Und er ist beliebt. Sogar in der eigenen Partei: Mehr als 35.000 Menschen gaben ihm bei der Nationalratswahl eine Vorzugsstimme. Das ist Platz eins, ganz klar, noch vor seinem Parteichef Michael Spindelegger, der sich mit 10.000 Sympathiebekundungen weniger begnügen musste. Das ist auch Platz eins vor FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, der in dieser Frage als Vergleich wahrscheinlich der wichtigere Parameter ist. Aber noch bleibt Michael Spindel?egger. Er hat am Wahlsonntag zwei Prozentpunkte verloren, aber kein Debakel erlitten. Das ist - in Österreich - kein Grund zu gehen. Und wer sollte ihm jetzt nachfolgen? Reinhold Mitterlehner? Um die Not zu verwalten? Auch Mitterlehner kann in Perspektiven denken. Für einen Wandel der Partei ist die Zeit noch nicht reif, außerdem ist Mitterlehner selbst zu sehr in den Strukturen verhaftet, um sie ändern zu können. Was eine grundlegende Voraussetzung wäre, um der ÖVP die Perspektive wieder zu öffnen. Kurz ist ein erstaunliches Talent. In der Darstellung jedenfalls, vielleicht auch im Inhalt. Als er im Sommer bei Spindeleggers "Österreich-Rede" in der Hofburg als Vorredner engagiert wurde, stahl er seinem Chef glatt die Show. Eloquent, witzig, authentisch. Und dann kam Spindel?egger auf die Bühne. Und Kurz ist schlau: Er wurde nicht Obmann der ÖVP Wien, wurde nicht einmal ihr Spitzenkandidat. Da haben sich dann andere beschädigt. Kurz hat erkannt, dass er sich jetzt nicht verbrennen lassen will. In seiner Referenzliste führt er übrigens einen Kommentar im Standard zu seinem Amtsantritt an, in dem ihm die Eignung zum Staatssekretär abgesprochen wurde. Kurz trägt diesen Misstrauensvorschuss wie einen Orden. Die Kritik bezog sich allerdings auf fachliche und sachliche Eignung und Erfahrung - die damals nicht vorhanden war. Aber zugegeben, in dieser Frage muss man ihn neu bewerten: Kurz hat seinen Job mit Anstand und Engagement gemacht. Er ist nicht der Ausländerbeauftragte der ÖVP, er ist für Integration zuständig, und in diesem Themenfeld konnte er den rechten Hetzern Wind aus den Segeln nehmen. Nicht dass irgendwas gelöst wäre - aber es wird weniger aufgeregt und gehässig darüber geredet. Dass er in all diesen Debatten niemals darauf vergisst, auch das Eigenmarketing kräftig zu bedienen, kann man ihm zum Vorwurf machen. Oder es als Bestätigung seines Talents sehen. Kurz ist pragmatisch: für die große Koalition. Was sonst. Aber neu in der Darstellung, im Inhalt, in den Regeln. Andere einbinden und mitnehmen. Ähnlich denkt er auch die Partei. Er ist kein Revoluzzer, sondern Realist. Die Bündestruktur in der ÖVP hat er für sich perfekt ausgenutzt, er würde sie aber anders gestalten, durchlässiger, wenn er könnte. Den Föderalismus hält Kurz ebenfalls für reformierbar: Nicht abschaffen, aber neu aufsetzen. Etwa in die Richtung: weniger herrschen, mehr dienstleisten. Wer Kurz jetzt zum Parteiobmann machen möchte, meint es nicht gut mit ihm. Kurz scheint es selbst zu wissen: Die Zeit arbeitet für ihn. Er ist 27. Ein paar Jahre noch wie bisher, dann kann die ÖVP an ihm nicht vorbeigehen.
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