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04.08.2013 18:38:58

"DER STANDARD"-Kommentar: "Der neue Wunderwuzzi" von Gudrun Harrer

Der iranische Präsident Hassan Rohani stärkt die Mitte und schwächt die Ränder - Ausgabe vom 5.8.2013

Wien (ots) - Je größer die Erwartung von Veränderung, desto heftiger oft der Dämpfer: Der erfreulichste "Change" ist nicht gleichbedeutend mit einem kompletten Neuanfang, und Kontinuität in manchen Bereichen begleitet sogar jeden sogenannten Epochenwandel. Der neue iranische Präsident Hassan Rohani, der bei seinem Amtsantritt selbst den Bruch mit acht Jahren Mahmud Ahmadi-Nejad beschwor, befindet sich dabei in einem besonders komplexen Umfeld. Sein "Neues" muss so aussehen, als ob er einen verlorenen Faden wiederaufgreifen würde. Denn ein Konfrontationskurs mit der religiösen Führung gehört zum "Alten" der letzten Jahre, nicht zum Neubeginn, den er verspricht. Und dennoch setzen so viele Menschen innerhalb und außerhalb des Iran große Hoffnungen in Hassan Rohani. Sechzehn Jahre Herausforderung liegen hinter dem System der Islamischen Republik. Im Jahr 1997 wurde der Außenseiter Mohammed Khatami zum Präsidenten gewählt. Der gebildete Mullah testete in der Folge aus, welchen Spielraum der Tatsache gegeben werden darf, dass die Islamisten im Iran eben keine eindeutige gesellschaftliche und kulturelle Hegemonie ausüben. Viele seiner glühenden Anhänger und Anhängerinnen waren enttäuscht, als sie erkannten, dass Khatami das islamische System aber keineswegs abschaffen, sondern durch die Öffnung retten wollte. Für die anderen war das dennoch alles viel zu viel - und das bereitete den Boden für den radikalen Populismus jener, die zum Schutz und zur Verteidigung der Revolution ausrückten. Es folgten ab 2005 acht Jahre Geisterbahn mit Ahmadi-Nejad. Sein Wille zur Macht und seine Manipulationsfähigkeit trieben einen tiefen Keil durch das konservative Lager. 2009 bekam das radikale Lager Aufwind, als es nach den umstrittenen Wahlen zulässig wurde, die Ahmadi-Nejad-Gegner zu kriminalisieren. Später wurde aus dem einstigen Lieblingspräsidenten des religiösen Führers selbst ein Abweichler: Ahmadi-Nejad, der im Westen als "der" iranische Systempolitiker galt, stellte besonders gegen Ende seiner zweiten Amtszeit durch seine Aktionen dieses System radikal infrage. Und nun kommt Rohani, der jene Kandidaten, aus deren Reihen allen Voraussagen nach der nächste iranische Präsident kommen hätte sollen, locker besiegt hat. Für das iranische Regime ist er fast so etwas wie ein Wunderwuzzi: Er beruhigt jenen Sektor in der iranischen Gesellschaft, der sich seit 2009 vom Staat noch weiter entfernt hat, steht aber gleichzeitig für die Kontinuität in der Islamischen Republik. Und die radikalen Kräfte, die ja mit dem Scharfmacher Saeed Jalili einen Kandidaten hatten, haben die Wahlen verloren und müssen die Legitimität Rohanis anerkennen. Rohani wird hoffentlich sein Versprechen halten können und den Menschen im Iran mehr Luft zum Atmen verschaffen. Sein Projekt, ihnen auch wieder etwas auf die Teller zu bringen, den Iran aus der wirtschaftlichen Abwärtsspirale zu holen, ist jedoch mit Reformen und einer neuen Wirtschaftspolitik alleine nicht zu bewerkstelligen. Das geht nur mit einem Deal im Atomstreit, um die Sanktionen loszuwerden. Rohani alleine kann da keine schwerwiegenden Entscheidungen treffen. Aber er hat Expertise, und er hat ein Mandat des Volkes - und er könnte dem Iran einen gesichtswahrenden Weg aus der Krise weisen, wenn es die da oben zulassen.

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