07.08.2022 14:36:38
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Chinas Militär übt Angriffe - USA und Taiwan sehen Gefahr für Region
PEKING/TAIPEH (dpa-AFX) - In der seit Jahrzehnten schwersten Krise um Taiwan haben die USA die chinesische Führung vor einer Eskalation durch gefährliche Missverständnisse gewarnt. Das chinesische Militär konzentrierte sich am Sonntag bei seinen Manövern rund um Taiwan "auf Angriffe auf Ziele an Land und weitreichende Schläge aus der Luft", wie das Ostkommando mitteilte. Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen verurteilte die Übungen als "unverantwortliche Bedrohung" nicht nur in der Meerenge der Taiwanstraße, sondern auch für die ganze Region. US-Außenminister Antony Blinken wies bei einem Besuch in Manila darauf hin, dass fast 90 Prozent der größten Schiffe der Welt jedes Jahr die 130 Kilometer breite Meerenge passieren, die das Festland und Taiwan trennt.
Als Reaktion auf die chinesischen Angriffsübungen schickte Taiwans Militär Flugzeuge, Warnungen über Funk, mobilisierte Raketenabwehrsysteme und feuerte Leuchtgeschosse ab. Dutzende chinesische Militärmaschinen und Kriegsschiffe hätten in der Nähe Taiwans operiert, berichtete Taiwans Militär. Einige von ihnen hätten die inoffizielle, aber meist respektierte Mittellinie der Taiwanstraße überquert. Auch wurden wieder Drohnen über der taiwanischen Insel Kinmen (Quemoy) gesichtet, die nur zwei Kilometer von Chinas Küste entfernt liegt. Seit den 50er Jahren hatte es keinen solchen Überflug der Insel mehr gegeben.
Peking hatte die Manöver als Reaktion auf den Besuch der Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, in Taipeh gestartet. Es ist die größte militärische Machtdemonstration Chinas seit der "Raketenkrise" Mitte der 90er Jahre, als die USA zwei Flugzeugträger entsandten. Als weitere Reaktion setzte China den Dialog mit den USA im Klimaschutz und über mehrere Militärkanäle aus. Kooperation wie im Kampf gegen Verbrechen, Drogen und zur Rückführung illegal eingereister Menschen wurden ganz gestrichen. Zusätzlich verhängte Peking nicht näher beschriebene Sanktionen gegen Pelosi.
Ihre Visite in der freiheitlichen Inselrepublik war die ranghöchste aus den USA seit einem Vierteljahrhundert. Die chinesische Führung ist verärgert, weil es Taiwan für sich beansprucht. Es sieht die Insel als Teil der Volksrepublik an, droht mit einer Eroberung und lehnt offizielle Kontakte anderer Länder vehement ab. Die Taiwaner verstehen sich aber schon lange als unabhängig. Die Manöver sollten am Sonntag enden. Für nächste Woche kündigte das chinesische Militär weiter im Norden neue Manöver im Golf von Bohai und dem Gelben Meer zwischen China und Südkorea an.
US-Außenminister Blinken kritisierte das chinesische Vorgehen als "unverantwortlich". Die ausgesetzten Militärkanäle seien "entscheidend, um Kommunikationspannen und Krisen zu verhindern". Auch die Kooperation im Kampf gegen Verbrechen und Drogen hielten die Menschen in China, den USA und darüber hinaus sicher. Besondere Kritik übte Blinken in Manila an der Aussetzung aller Klimagespräche mit den USA: "Der größte Kohlendioxidemitter lehnt es jetzt ab, sich an dem Kampf gegen die Klimakrise zu beteiligen." Das bestrafe nicht die USA, sondern die Welt und besonders auch Entwicklungsländer.
Er habe seinem chinesischen Amtskollegen Wang Yi bei dem Treffen der Südostasiatischen Asean-Gemeinschaft in Kambodschas Hauptstadt Phnom Penh mitgeteilt, eine Eskalation sei nicht im Interesse der USA, Taiwans und der Region. "Wir halten unsere Kommunikationskanäle mit China offen - mit der Absicht, eine Eskalation durch Missverständnisse und Fehlkommunikation zu verhindern." Taiwans höchste Vertreterin in Washington, Hsiao Bi-khim, sagte: "Wir wollen keinen Krieg. Wir wollen Frieden. Wir werden alles tun, um zu deeskalieren. Aber wir werden unsere Freiheit nicht ausliefern."
Bei den Manövern schoss China in den vergangenen Tagen auch elf ballistische Raketen in Richtung Taiwan ab, von denen nach Berichten eine sogar erstmals direkt über Taiwan und unweit der Hauptstadt Taipeh geflogen ist. Fünf landeten östlich von Taiwan in der nahe gelegenen ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) Japans, was auch als Warnung an Tokio gewertet wurde, sich aus dem Konflikt herauszuhalten.
Zum Auftakt eines Besuches am Sonntag in Taiwan rief der Premier des Karibikstaates St. Vincent und die Grenadinen, Ralph Gonsales, China zu einem Ende der Drohungen auf. Der 117 000 Einwohner zählende Staat gehört zu der Handvoll kleiner Länder, die trotz des Drucks aus China diplomatische Beziehungen zu Taiwan unterhalten.
Auch das EU-Mitglied Litauen hatte sich allein schon dadurch den Zorn Pekings zugezogen, in dem in Vilnius 2021 ein taiwanisches Verbindungsbüro eingerichtet wurde, das "Taiwan" im Namen trug. Der Streit eskalierte zu einer diplomatischen Krise, in deren Verlauf Peking die Beziehungen auf Eis legte und Wirtschaftssanktionen verhängte. Die Vizetransportministerin des baltischen Staats, Agne Vaiciukeviciute, traf am Sonntag in Taipeh zu einem Besuch ein./lw/DP/jha
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