11.09.2016 15:41:00
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CETA/TTIP - wiiw: Abkommen ähnlich aber doch unterschiedlich
"In mancher Hinsicht erscheint CETA in der Tat eine 'Blaupause' für TTIP zu sein. Gleichzeitig ist jedoch das Resultat hinsichtlich der Behandlung von Standards sehr unterschiedlich", so die beiden wiiw-Ökonomen Robert Stehrer und Roman Stöllinger am Wochenende in einer Presseaussendung.
CETA erscheint demnach hinsichtlich der Harmonisierung von Standards weniger ambitioniert zu sein als TTIP und somit auch weniger die Gefahr in sich zu bergen, zu einer Erosion von EU-Standards beizutragen.
Was die Frage von Standards und Regulierungen betreffe, seien sowohl CETA als auch TTIP "umfassende Handelsabkommen"- Geregelt werden nicht nur Zölle und Quoten, sondern etwa auch die Vergabe von Subventionen, die öffentliche Beschaffung oder der Schutz geistigen Eigentums und die wichtige Gruppe von Standards und technischen Regulierungen.
Der wesentliche Unterschied zwischen CETA und TTIP sei dabei, dass bei CETA weiterhin die Standards des importierenden Landes gelten, bei TTIP sich hingegen ein Lösung abzeichne, die eine "gegenseitige Anerkennung" der jeweiligen Standards bedinge.
CETA würde also die Unterschiede in den Standards zwischen Kanada und der EU nicht einebnen. Bei TTIP sei dies völlig anders, da die USA auf "regulatorische Kooperation" insistiere, was zu einer Harmonisierung von Standards führen sollte. Obwohl das nicht unbedingt zu einer Verschlechterung der EU-Standards führen müsse, bestehe trotzdem ein großes Risiko in dieser Hinsicht.
Was das Investorenschutzabkommen (ISDS) betreffe, gebe es keine wesentlichen Unterschiede zwischen den beiden Abkommen. Es sei aber noch nicht völlig klar, ob die USA den derzeitigen EU-Ansatz - ein mit UN-Regeln kompatibles Verfahren - zu akzeptieren gewillt seien. "Damit ist dieser Bereich der wohl größte Stolperstein in den Verhandlungen, da viele EU-Mitgliedsstaaten sich gegen ein Nachgeben aussprechen", so die wiiw-Ökonomen.
Zur Verhandlungsstrategie heißt es, der Stil der US-Verhandlungsführung sei "etwas merkwürdig": "Die bloße Tatsache, dass der Zugang zum US-Markt erleichtert werden soll, wird als ein besonderes Zugeständnis angesehen, für das die USA kompensiert werden will", so die Ökonomen.
Somit seien die Ansprüche der US-Verhandler groß, ohne jedoch Konzessionen, bei den für die EU sensiblen Bereichen erkennen zu lassen. "Zum Beispiel wollen die USA in Bereichen der Kulturgüter keine Ausnahmeregelungen gelten lassen. Auch im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens scheinen sich die USA nicht bewegen zu wollen, was bedeuten könnte, dass 'Buy American clauses' beibehalten werden", so die Ökonomen.
Eine derartige Verhandlungsstrategie lasse nur zwei Möglichkeiten offen: "Entweder gibt die EU ihre Positionen in vielen oder allen sensiblen Bereichen auf und kann damit nur einen ungünstigeren Abschluss erreichen, oder das Abkommen kommt gar nicht zustande - ein nicht unwahrscheinliches Szenario". Im Falle von CETA scheine die Verhandlungsstrategie weniger konfrontativ gewesen zu sein.
Die Frage, ob CETA und TTIP als ähnlich oder unterschiedlich zu beurteilen seien, sei am besten mit einem Zitat eines Verkäufers auf einem thailändischen Markt zu beantworten, der auf die Frage, ob die Uhr tatsächlich eine Rolex sei, meinte: "Yes Sir, same-same but different", fassen die wiiw-Ökonomen zusammen.
(Schluss) ggr/pro
ISIN WEB http://www.wiiw.ac.at/
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