13.12.2015 20:23:46
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CDU-Spitze will Kritiker der Flüchtlingspolitik milde stimmen
Von Stefan Lange
BERLIN (Dow Jones)--Einen Tag vor dem offiziellen Start des CDU-Bundesparteitags in Karlsruhe hat sich die Parteispitze im Streit über die Asylpolitik mit einem Formelkompromiss auf die Hardliner in den eigenen Reihen zubewegt. Von einer Obergrenze ist in dem entsprechenden Leitantrag weiterhin nicht die Rede. Forderungen nach einer Begrenzung trägt CDU-Chefin Angela Merkel nun aber mit der Formulierung Rechnung, man wolle "wirksame Maßnahmen ergreifen", um den Zuzug "spürbar zu verringern". Ein Flüchtlingsstrom in den bisherigen Ausmaßen würde Deutschland ansonsten dauerhaft überfordern, heißt es.
Obwohl auch diese Formulierung nicht wirklich aussagekräftig ist und sie durchaus als "Wortakrobatik" durchgeht, wie CDU-Vize Armin Laschet kritisierte, dürfte damit der Druck auf den am Montag beginnenden Parteitag gewichen sein. Kanzlerin Merkel hält am Montagvormittag eine Rede, es war bisher mit heftigem Gegenwind aus den Reihen der rund 1.000 Delegierten gerechnet worden.
Nur eine Gegenstimme
Da der neue Passus im Bundesvorstand nur eine Gegenstimme bekam - dem Vernehmen nach kam sie von dem ostdeutschen CDU-Politiker Arnold Vaatz - dürften die Kritiker in den Reihen der CDU zumindest stillhalten. Es "sei signalisiert worden, dass die gefundenen Kompromisse durchaus auf Zustimmung stoßen", erklärte CDU-Generalsekretär Peter Tauber nach der Vorstandssitzung. Die Antragsfrist für den Parteitag endet allerdings erst am Montagmittag - Überraschungen sind also durchaus noch möglich.
"Wir haben die Interessen der Menschen in Deutschland fest im Blick", heißt es nun in dem Antrag des Bundesvorstands, der sogenannten "Karlsruher Erklärung". Und weiter: "Wir sind entschlossen, den Zuzug von Asylbewerbern und Flüchtlingen durch wirksame Maßnahmen spürbar zu verringern. Denn ein Andauern des aktuellen Zuzugs würde Staat und Gesellschaft, auch in einem Land wie Deutschland, auf Dauer überfordern."
Glücklich vereint
Die Maßnahmen sind hinlänglich bekannt. Es geht unter anderem um eine bessere Sicherung der Außengrenzen, um eine Stärkung der EU-Grenzsicherungsagentur Frontex, den schnellen Aufbau von Hotspots, Verhandlungen mit der Türkei und noch einiges mehr. Maßnahmen sind dies, die Deutschland nach dem Willen der CDU nicht alleine stemmen soll, sondern bei denen ganz Europa mithelfen muss. Ob das wirklich klappt, muss sich erst noch erweisen.
Merkel zeigte sich im ARD-Interview jedenfalls zufrieden. Es sei gelungen, alle Vorstandsmitglieder bis auf eine Gegenstimme zu vereinen. "Wir haben einen Kurs gefunden, der dem entspricht, was mein Ansatz ist", sagte die CDU-Vorsitzende. Natürlich müssten national Maßnahmen umgesetzt werden, "aber wir müssen vor allem europäisch und international denken". Dies sei vom Vorstand so bestätigt worden, gleichzeitig habe man aber auch "die Sorgen aufgenommen", die viele Menschen in der Bevölkerung umtrieben.
Flüchtlinge zurückweisen
Bundesinnenminister Thomas de Maiziere hält es derweil für möglich, dass Deutschland künftig Flüchtlinge an der Grenze zurückweist. Im Gespräch mit der Welt am Sonntag sagte der CDU-Politiker, der Schengenraum könne ohne Grenzkontrollen dauerhaft nicht weiter bestehen, wenn der Schutz der Außengrenzen nicht funktioniere. Die Sicherung der Außengrenzen und die Verhandlungen mit der Türkei hätten jedoch "zeitlich und inhaltlich Vorrang", sagte de Maiziere. "Wenn man etwas anderes täte, dann müsste man es machen - und nicht vorher darüber reden", erklärte der Minister und deutete damit an, dass Maßnahmen wie eine Grenzschließung nicht angekündigt würden.
Auf die Frage, ob Deutschland überhaupt in der Lage wäre, die Grenze zu schließen, antwortete de Maiziere: "Je größer die Zahl der Flüchtlinge ist, desto schwieriger wäre es." Rechtlich hält de Maizière das Zurückweisen von Flüchtlingen an der Grenze grundsätzlich für möglich. "Politisch haben wir uns bisher jedenfalls dagegen entschieden", sagte der Innenminister. "Das deutsche Recht wird in vielerlei Hinsicht vom europäischen überlagert."
(Mitarbeit: Florian Faust)
Kontakt zum Autor: stefan.lange@wsj.com
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