Bundesrichter warnt vor Bruch der Genfer Flüchtlingskonvention

BERLIN (dpa-AFX) - Einer der höchsten deutschen Juristen, Bundesrichter Thomas Fischer, hat die Regierung gemahnt, in der Flüchtlingsfrage und beim EU-Türkei-Abkommen das Recht einzuhalten. Die Politik begehe Unrecht, "indem sie versucht, die Zusage der Bundeskanzlerin, die sich etwas volkstümlich in dem Satz "Wir schaffen das" Bahn brach, mit aller Macht und um fast jeden Preis zurückzunehmen", sagte Fischer der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Dabei geht es keineswegs um die Flüchtlinge, sondern darum, sich mit Blick auf das Wahlverhalten der Bevölkerung wieder auf sicherem Boden zu bewegen."

"Nach meiner Ansicht ist eine Verletzung der Genfer Flüchtlingskonvention recht naheliegend", sagte Fischer. Er ist einer der Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof in Karlsruhe und leitet den zweiten Strafsenat. Die Europäische Union hat mit der Türkei einen Pakt geschlossen, um die Zahl der in die EU kommenden Flüchtlinge zu verringern.

Die Politiker sollten "nicht zurückschrecken vor den Ängsten einer nach rechts und in Richtung Fremdenfeindlichkeit rutschenden Gesellschaft", forderte der Karlsruher Richter. "Was passiert, wenn die Türkei und Herr Erdogan sich als nicht vertragstreu erweisen? Obwohl wir ihnen doch so viel Geld geben möchten, damit sie uns den Anblick der Flüchtlinge ersparen."

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will an diesem Sonntag zu einem Kurzbesuch in die Türkei reisen. Am Montag ist ein Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan geplant./pky/DP/he