07.09.2014 18:29:31
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Bundesregierung über Dobrindts Mautpläne weiter uneins
Von Florian Faust
Im Streit um die Einführung einer Pkw-Maut in Deutschland zeichnet sich innerhalb der Regierungskoalition in Berlin weiterhin keine Einigung ab. Die Mautpläne von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) stoßen bei seinen Kabinettskollegen offenbar auf Widerspruch, wie das Magazin "Spiegel" berichtet. So habe Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) davor gewarnt, dass Dobrindts Konzept nicht die erwarteten Mehreinnahmen erzielen werde. Wie aus einer sechsseitigen Bewertung des Mautkonzepts aus dem Bundesfinanzministerium hervorgehe, könnten "im Ergebnis erheblich weniger als 600 Millionen Euro pro Jahr für die Straßeninfrastrukturfinanzierung übrig bleiben", zitiert das Blatt aus dem Papier.
Grund dafür sei, dass Dobrindt die Kosten für die Einführung und den Betrieb seines Mautsystems womöglich zu gering kalkuliert habe. "Angesichts der komplizierten Ausgestaltung der Bemessung der Infrastrukturabgabe bestehen erhebliche Zweifel, ob die veranschlagten Systemkosten nicht zu niedrig angesetzt sind", heißt es in dem Schreiben, welches dem "Spiegel". Falls die Maut sogar ein Zuschussgeschäft für die Staatskasse werden sollte, müsse Dobrindts Etat dafür herhalten.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hege sogar verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Maut, weil sie gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes verstoßen könnte. Grund dafür sei, dass Pkw, Kleinlaster und Lkw ungleich behandelt würden. "Fahrzeuge zwischen 3,5 und 12 Tonnen wären nach der vorgesehenen Regelung sowohl von der Pkw-Maut als auch von der Lkw-Maut ausgenommen, obwohl sie in mindestens gleicher Weise zum Verschleiß der öffentlichen Infrastruktur beitragen wie die in Anspruch genommenen Pkw und Lkw", schreiben de Maizières Beamte in einer eigenen Expertise, die dem "Spiegel" vorliegt.
Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer sprang seinem Parteifreund Dobrindt nach den Veröffentlichungen zur Seite und kritisierte das Vorgehen des Bundesfinanzministeriums: "Es ist schon ein ungewöhnlicher Vorgang, dass bei einer Ressortabstimmung die Stellungnahme vor allem eines Ministeriums, nämlich des Finanzministeriums, in die Öffentlichkeit lanciert wird. Das erhärtet eigentlich meine Vermutung, dass der Finanzminister ja alles tun möchte, um das zu verhindern", sagte Seehofer der "Süddeutschen Zeitung" am Sonntag.
Seehofer forderte von der Schwesterpartei erneut ein Bekenntnis, ob sie noch zu dem Projekt stehe. "Will jetzt die CDU oder will sie nicht? Da muss die CDU sich jetzt klar werden und uns offen sagen, was sie will", sagte der CSU-Vorsitzende weiter. Die andauernden Einwände, die ausgerechnet von der Unionsschwester vorgetragen würden, seien zu einem Problem innerhalb der politischen Familie geworden. "Einmal sind es die Grenzregionen, einmal ist es der Verwaltungsaufwand, dann ist es wieder das Europarecht. Alles was ausgeräumt wird oder worüber wir zu reden bereit sind, wird mit neuen Punkten befrachtet", beschwerte sich Seehofer.
Derweil erhalten Seehofer und Dobrindt unerwarteten Beistand vom SPD-Vorsitzenden und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Aus Gabriels Ministerium verlautete, der Minister zeige Verständnis für Seehofers Verärgerung und wolle Dobrindt bei der Umsetzung der Maut unterstützen, wie der "Tagesspiegel" berichtet. Gabriel halte es für ein legitimes Anliegen, ausländische Nutzer deutscher Straßen an deren Finanzierung zu beteiligen, hieß es weiter. Zudem sei der Minister der Überzeugung, dass man in Koalitionen auch jene Projekte mittragen müsse, die nicht aus der eigenen Feder stammten. Auch mache sich Gabriel die Kritik seiner Beamten ausdrücklich nicht zu eigen, wonach Dobrindts Mautpläne zu einer offensichtlichen Diskriminierung ausländischer Autofahrer führten.
Der Verkehrsminister selbst trat indes Zweifeln an der Umsetzbarkeit seines Konzept entgegen. "Mein Konzept ist grundgesetzkonform und es ist europarechtskonform", sagte Dobrindt dem "Tagesspiegel". Die Pkw-Maut bringe keine Ungleichheit, sondern beseitige eine "eklatante Ungleichheit", betonte Dobrindt. Dies geschehe dadurch, "dass unsere Straßen zukünftig auch von denjenigen angemessen mitfinanziert werden, die diese bisher kostenlos benutzen". Die von ihm vorgeschlagene Vignette sei eine "einfache und unbürokratische Mautlösung" und werde zum Beispiel in Österreich und der Schweiz erfolgreich praktiziert.
Kontakt zum Autor: florian.faust@wsj.com
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