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14.11.2016 15:42:00

Brexit - Britischer Finanzsektor trägt massiven Blechschaden davon

Auf das EU-Austrittsvotum der Briten ("Brexit") folgte auf vielen Seiten tiefe Sorge um das weltweit führende Finanzzentrum London. Der österreichische Wirtschaftsdelegierte in Großbritannien, Christian Kesberg, sieht das gelassener: "Ich glaube, dass der große Finanz-Cluster einen massiven Blechschaden erleiden wird, aber es wird kein Totalschaden werden", sagte er heute vor Journalisten in Wien.

In dem Sektor sind den Angaben zufolge 1,3 Millionen Menschen beschäftigt, die rund 12 Prozent des britischen Bruttoinlandsproduktes erwirtschaften. "Vielleicht werden es um 20.000 Jobs in der Londoner City weniger - das wird man spüren und das wird wesentlich zu dem geringeren Wirtschaftswachstum beitragen", erwartet der Handelsdelegierte. Die Bank of America überlege beispielsweise 900 Mitarbeiter von London nach Dublin zu verlegen.

Doch "die Wahrscheinlichkeit, dass viele Investmentbanken nach Frankfurt oder Dublin ziehen wollen ist enden wollend", so Kesberg. Die deutsche Metropole gilt jedenfalls nicht als wirklich guter Ersatz für London: "In Frankfurt scheitert es an den Abfertigungsregeln nach deutschem Arbeitsrecht", so Kesberg. Einem Ex-Banker wären beim Abschied millionenschwere Summen zu bezahlen.

"Ich habe von Anfang an gesagt, der Brexit ist kein Drama, aber auch ein abgeflachtes Wirtschaftswachstum ist gefährlich, weil da politische Situationen greifen, die in Wachstumssituationen nicht greifen", betonte der Wirtschaftsdelegierte in Anspielung auf den zunehmenden Rechtsruck in Europa.

Die Briten haben wegen der Sanierung des Staatsbudgets einige sehr harte Jahre hinter sich, erklärte Kesberg. "Der massive Abbau des Budgetdefizits hat wehgetan." So waren etwa keine zusätzlichen Mittel für das Gesundheitssystem da, die Wartezeiten bei den Ärzten verlängerten sich um Stunden. Auch das Bildungssystem wurde finanziell ausgetrocknet. An den negativen Entwicklungen gaben die Politiker jahrelang der EU die Schuld. Der infolge des Brexit-Votums zurückgetretene britische Premierminister David Cameron hatte der Union zehn Jahre lang die Verantwortung für das "unterfinanzierte Gesundheitssystem" und das "miserable Gesundheitssystem" in die Schuhe geschoben. Bei einem Austritt sollte alles besser werden, so die Botschaft.

2012 war das Budgetdefizit mit 9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) noch sehr hoch; 2020 hätten die Briten laut Kesberg - ohne Brexit - ein ausgeglichenes Budget erreichen können. "Nun erwartet man für 2017 ein Defizit von 4,5 Prozent und einen Anstieg der Staatsverschuldung", berichtete der Handelsdelegierte. Derzeit betrage die britische Staatsverschuldung 82 Prozent.

"Großbritannien war ein wirtschaftsliberales Land, wo die Globalisierungsverlierer mangels sozialen Netzes - wie es in Österreich eines gibt - eine größere Gruppe waren und beträchtlich mehr gelitten haben", analysiert Kesberg. Die britische Premierministerin Theresa May habe anfangs signalisiert, die Briten "brauchen eine völlig andere Politik". Jetzt sei sie lieb und brav in die politische Mitte gerückt.

(Schluss) kre/itz

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