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26.02.2016 22:02:37

Börsen-Zeitung: Ungeliebte Volatilität, Marktkommentar von Stefan Schaaf

Frankfurt (ots) - Fast scheint es so, als könne man es den Devisenhändlern nicht recht machen. Es ist noch nicht lange her, da beklagten sie sich über die geringe Volatilität im Währungshandel. Inzwischen hat sich dies gewandelt, die Volatilität ist deutlich gestiegen, was an sich gut für das Geschäft ist, weil mehr gehandelt und folglich mehr verdient wird. Doch rechte Freude kommt bei den Marktteilnehmern darüber, dass es wieder mehr zu tun gibt, nicht auf. Denn der Anstieg der Volatilität am Währungsmarkt ist auch Ausdruck eines deutlichen Anstiegs von Risiken, die zum großen Teil politisch induziert sind und damit große Unsicherheit mit sich bringen.

Im Sommer 2014 herrschte Ruhe an den Devisenmärkten, der von der Deutschen Bank berechnete Devisenvolatilitätsindex CVIX dümpelte bei 5 Punkten herum, auf einem sehr niedrigen Niveau. Die großen makroökonomischen Trends jener Tage schienen eingepreist. Kurz zur Erinnerung: Starkes US-Wachstum und Erholung der Eurozone waren vor eineinhalb Jahren das Basisszenario.

Die Lage hat sich seither grundlegend gewandelt, wie sich auch am CVIX zeigt. Er steht aktuell bei gut 11 Punkten und erreichte kürzlich mit über 12 Punkten sogar schon fast wieder Niveaus wie während der europäischen Staatsschuldenkrise in den Jahren 2011/2012. Allein seit Jahresbeginn schoss die mittels des Index berechnete Volatilität am Devisenmarkt um rund 17% in die Höhe. Wenn man bedenkt, dass Volatilität für viele Anleger eine wichtige Risikokennzahl ist - ob nun zu Recht oder nicht -, so wundert es nicht, dass seit Jahresbeginn eine deutliche Flucht aus Risikoassets zu beobachten war. Der Wertverlust des Eurozonen-Leitindex Euro Stoxx 50 von bislang rund 10% spricht Bände, zumal es an den US-Börsen auch nicht eben rosig aussieht.

Auf der Suche nach dem Auslöser für die gestiegene Volatilität wird vielfach auf die Eintrübung des globalen Konjunkturklimas verwiesen, eine Rezession in den USA wurde ebenso eingepreist wie ein möglicher Crash der stark gehebelten chinesischen Volkswirtschaft. Nun, in den vergangenen Tagen wurden eine Reihe von US-Konjunkturdaten veröffentlicht, die unerwartet robust ausfielen und keine Rezession erwarten lassen. Überhaupt, die Crash-Ängste der vergangenen Wochen könnten sich als klassische irrationale Übertreibung herausstellen. Als Auslöser der Konjunktursorgen, Verluste am Aktienmarkt und der hohen Volatilität gilt der Ölpreisverfall. Hier zeigen sich die Grenzen eines auf historischen Korrelationen und technischen Faktoren basierenden Handels. Weil früher der Ölpreis in Rezessionen fiel, wurde der fallende Ölpreis als Signal für eine Eintrübung der Wirtschaft interpretiert. Dabei sah der Ölmarkt einen regelrechten Angebotsschock, zum einen, weil die hohen Preise vor einigen Jahren neue Spieler wie die US-Schieferölindustrie an den Markt brachten, jüngst aber auch mit dem Iran ein wichtiges Förderland seine Rückkehr an den Weltmarkt verkündete.

Seit Jahresbeginn spiegelt sich die wachsende Nervosität unter Investoren vor allem in Kursgewinnen des Yen wider, der als der ultimative sichere Hafen unter den großen Währungen gilt. Der Dollar hat 5,6% an Wert eingebüßt, der Euro "nur" 4,9%, das britische Pfund im Zuge der Diskussion über einen EU-Austritt (Brexit) sogar 11%. Dass die Gemeinschaftswährung überhaupt gegenüber dem Yen abwertet, zeigt aber auch die Rückkehr politischer Risiken als Belastungsfaktor. Da der Euro auch eine Finanzierungswährung geworden ist, sollte er eigentlich von höherer Risikoaversion profitieren.

Die höhere Volatilität ist offenbar auch Ausdruck der Rückkehr von politischen Risiken, die überwunden schienen oder durch die ultralockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank überdeckt wurden. Marktteilnehmer beginnen sich zu fragen, ob Europa, wie wir es kennen und wie es Frieden und Wohlstand garantiert, in einigen Jahren noch bestehen wird. Wenn jeder Vorteile mitnehmen möchte, ohne Verantwortung zu übernehmen, so funktioniert die Wohngemeinschaft im Haus Europa nicht mehr.

Die Zeit des Euro als Finanzierungswährung könnte also bald schon wieder vorbei sein. Stattdessen würde die Gemeinschaftswährung wieder wie in ihrer größten Krise 2012 als Risikoasset gehandelt. Nicht ganz unbeteiligt daran wären ausgerechnet die Euro-Phobiker von den Britischen Inseln. Je wahrscheinlicher ein Brexit wird, desto mehr dürfte Europa politisch und wirtschaftlich Probleme bekommen. Die Volatilität dürfte hoch bleiben, der Euro könnte bald stärker unter Druck geraten.

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Pressekontakt: Börsen-Zeitung Redaktion

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