27.09.2016 22:02:37
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Börsen-Zeitung: Fair bleiben, Kommentar zum Auftritt von EZB-Chef Draghi im Bundestag von Mark Schrörs
Die Abgeordneten wollen Draghi in die Mangel nehmen. Das ist nicht nur ihr gutes Recht, sondern aktuell ihre Pflicht. Tatsächlich nimmt der Nutzen jeder weiteren EZB-Maßnahme ab, während die Risiken vor allem für die Finanzstabilität rasant steigen. Davor hat selbst Draghis Intimus Benoît Coeuré gewarnt. Die Zentralbank der Zentralbanken BIZ mahnt sogar, womöglich sei der Punkt erreicht, an dem die Geldpolitik mehr Schaden anrichtet als Nutzen stiftet. Die Kritik muss aber fair und sachlich bleiben. Debatten über die "richtige" Nationalität des EZB-Präsidenten sind irrwitzig.
Die Politik, auch jene in Berlin, kann zudem nicht ihre Hände in Unschuld waschen. Es stünde ihr frei, Vorteile durch die Milliarden-Einsparungen bei der Zinslast an die um ihre Altersvorsorge besorgten Bürger weiterzureichen. Vor allem aber könnte auch Berlin aktuell einiges dafür tun, dass es der Euro-Wirtschaft besser geht. Das meint nicht plumpe schuldenfinanzierte Konjunkturpakete. Aber mehr Investitionen vor allem in Bildung und weitere Strukturreformen könnten für nachhaltig mehr Wachstum sorgen. Immer neue (Renten-)Wahlgeschenke und das Zurückdrehen von Reformen bewirken das genaue Gegenteil.
Draghi seinerseits muss die Sorgen der Deutschen ernst nehmen - auch wenn er nicht alle versteht. Das große Misstrauen der Deutschen muss ihn alarmieren. Vertrauen ist das wichtigste Gut jeder Zentralbank. Solange sich die Wirtschaft robust zeigt und mehr Inflation absehbar sind, sollte die EZB nicht schon wieder die geldpolitische Brechstange herausholen. Insbesondere aber muss Draghi klar machen, dass die EZB einen Plan für den Ausstieg aus der beispiellosen Geldschwemme hat. An einer solchen Perspektive mangelt es bisher.
Es wäre verheerend, wenn die EZB und die Geldpolitik nach oder neben der Flüchtlingskrise zum Wahlkampfschlager wird. Die Attacken von US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump auf die US-Notenbank Fed belegen, dass davon nur eine Seite profitieren würde - die Populisten.
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