25.07.2019 22:33:42
|
Börsen-Zeitung: Ein (zu) hoher Preis, Kommentar zur Geldpolitik der EZB von Mark Schrörs
Draghi hat de facto für September ein umfangreiches Lockerungspaket angekündigt. Neben einer weiteren Schärfung des Zinsausblicks (Forward Guidance) und einer neuerlichen Zinssenkung dürfte das auch die Neuauflage breiter Wertpapierkäufe (Quantitative Easing, QE) umfassen. Der geldpolitische Ausnahmezustand wird so zementiert und die geldpolitische Normalisierung auf den Sankt-Nimmerleins-Tag vertagt.
Nun ist unbestritten, dass es um die Euro-Wirtschaft nicht zum Besten bestellt ist. Der neuerliche deutliche Rückgang beim Ifo-Geschäftsklima hat das klar dokumentiert. Für Schwarzmalerei und eine Geldpolitik im Weltfinanzkrisen- oder Deflationsverhinderungsmodus besteht aber kein Anlass. Die EZB muss auch aufpassen, nicht selbst mit zu düsteren Worten zu Attentismus beim Konsum und den Investitionen beizutragen.
Vor allem aber stößt die EZB auch längst an Grenzen. Bei Null- und
Negativzinsen und einer auf rund 40 Prozent des
Euroland-Bruttoinlandsprodukts (BIP) aufgeblähten Notenbankbilanz ist
der realwirtschaftliche Nutzen weiterer Zinssenkungen und neuer
Wertpapierkäufe mehr als fraglich. Draghi & Co argumentieren, dass
die EZB bei einem Verfehlen des Inflationsziels nicht einfach die
Hände in den Schoß legen könne. Aber es macht auch keinen Sinn,
kurzfristig verzweifelt einem Inflationsziel hinterher zu hecheln
mittels Maßnahmen, die mittel- und langfristig enorme Risiken bergen
für die Finanzstabilität wie das Wachstum.
Wichtiger als noch billigeres Geld ist jetzt eine Lösung der globalen Handelskonflikte und ein entschlossenerer Einsatz der Fiskalpolitik - wo nötig und möglich. Der Widerstand in Berlin gegen mehr öffentliche Investitionen ist da genauso frustrierend wie die Minimalstkompromisse beim Eurozonen-Budget.
Bei seiner ersten Zinssitzung im November 2011 hat Draghi alle mit einer Zinssenkung überrascht. Kurz vor seinem Amtsende zurrt er nun erneut eine erhebliche Lockerung der EZB-Politik fest. Das ist keine gute Nachricht - und das sollte auch der Politik Mahnung sein, die EZB nicht länger allein zu lassen.
OTS: Börsen-Zeitung newsroom: http://www.presseportal.de/nr/30377 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2
Pressekontakt: Börsen-Zeitung Redaktion
Telefon: 069--2732-0 www.boersen-zeitung.de
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!