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08.12.2016 22:53:56

Börsen-Zeitung: And the winner is..., Kommentar zur EZB von Mark Schrörs

Frankfurt (ots) - Die Entscheidung von EZB-Präsident Mario Draghi & Co. zur Zukunft des Anleihekaufprogramms (Quantitative Easing, QE) bietet im Grunde für jeden etwas: Die QE-Kritiker, auch im Rat, bekommen eine Reduzierung des monatlichen Kaufvolumens - von aktuell 80 auf 60 Mrd. Euro ab April 2017. Die Befürworter dagegen erhalten das Versprechen, dass die Europäische Zentralbank (EZB) länger als bisher gedacht im Markt aktiv bleibt - schließlich wird QE für neun statt nur, wie gemeinhin erwartet, für sechs Monate verlängert. Summa summarum aber erscheinen die "Tauben", also die Befürworter einer laxen Geldpolitik, als Gewinner der "Richtungsentscheidung" (Draghi) über QE. Die Feierlaune der Anleger passt dazu.

Die Rückkehr auf das ursprüngliche QE-Niveau von 60 Mrd. Euro ist sicher zu begrüßen und kann ein Signal an die Märkte sein, dass selbst die ultralockere Geldpolitik der EZB nicht nur eine Richtung kennt. Die große Gefahr aber ist, dass diese Botschaft total untergeht - und vielleicht soll sie das sogar: Denn Draghi wies zugleich jede Frage zu einem Tapering, also einem schrittweisen Zurückführen von QE auf null, scharf zurück - und schob damit die Debatte über den Ausstieg auf die lange Bank. So will er diese Diskussion womöglich auch auf die Zeit nach den Wahlen in Frankreich, Deutschland und vielleicht Italien vertagen. Das aber ist falsch - und gefährlich.

Denn tatsächlich wäre die Zeit längst reif, den Ausstieg anzugehen oder den Tag des Exits - quasi den E-Day - zumindest vorzubereiten: Die Euro-Wirtschaft wächst mit oder gar oberhalb ihres Potenzials, und die Inflation zieht an - womit sich frühere Deflationssorgen endgültig als überzogen entpuppen. Eine Geldpolitik, die sogar noch expansiver ist als auf dem Höhepunkt der Weltfinanzkrise, erscheint zunehmend deplatziert. Zudem nehmen die Risiken zu, allen voran für die Finanzstabilität. Die EZB läuft zunehmend Gefahr, selbst die Grundlage für die nächste Finanzkrise zu legen.

Natürlich ist die politische Unsicherheit aktuell gewaltig: Brexit, US-Wahl, Italien. Aber zu glauben, die EZB könne mit Hilfe der Notenpresse den um sich greifenden Populismus bekämpfen oder die Ursachen von Banken- und Staatsschuldenkrisen beseitigen, ist so irrig wie gefährlich. Und natürlich gibt es auch die Sorge vor einem Schock an den Anleihemärkten, wie beim "Taper Tantrum" in den USA 2013. Aber den Ausstieg auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu vertagen macht das nicht besser. Im Gegenteil: Wenn die EZB zu lange wartet und ihren Kurs am Ende hektisch korrigieren muss, wird der Knall nur umso lauter.

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