01.03.2019 21:03:42
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BERLINER MORGENPOST: Endlich politisch! / Leitartikel von Diana Zinkler zu Freitagsprotesten der Schüler
Der vollständige Leitartikel: Jung, anspruchsvoll und
selbstüberschätzend. So soll sie sein - die Generation Y. Diese
Menschen, die zwischen 1985 und 2000 geboren sind, werden vor allem
gern kritisiert. Forscher wollen mittels Studien herausgefunden
haben, dass sich die jungen Leute nicht gern anstrengen und am
liebsten gleich die Chefposition einnehmen. Außerdem suchen sie auf
jeden Fall Sicherheit, arbeiten höchstens Teilzeit, damit ein Leben
in Freizeit möglich ist. Denn nur so lebt die Generation der
Selbstverwirklicher. Die Generation Z, man ahnt es schon, das sind
die Nachfolger der Y. Und meint die von 1997 bis 2012 zur Welt
Gekommenen. Und die sind allem Urteil nach auch nicht viel besser.
Nur noch ein bisschen realistischer. Aber noch ziemlich Generation Y
also ich, ich, ich. Und dann kommt lange nichts. Diese Millennials
würden nur für eine Sache ihre Selbstliebe aufgeben: für einen Zugang
zum Word Wide Web. Denn dort kommunizieren sie, verabreden sich,
spielen, dort verdienen bereits Kinder als Influencer Geld, von dort
aus kurbeln sie die Wirtschaft an. Die Generation Z und das Internet
sind ein Paar, das ohneeinander nicht kann. Und jetzt ist da auf
einmal diese Bewegung. Diese Ich-Kinder - oder die wir bis eben noch
dafür gehalten haben - gehen jetzt auf die Straße, werden politisch
aktiv. Verlassen die Kinderzimmer mit sicherer Wlan-Versorgung.
Trauen sich raus auf die Plätze dieses Landes. Verabreden sich real,
machen etwas in großen Gemeinschaften, versammeln sich. Und was ist
ihr Ziel, ihr Vorhaben? Sie demonstrieren. Für ihre Zukunft. Aber
nicht für ihre individuelle, sondern für unser aller. Für das
Gemeinwohl, für die Welt, für Leben durch Umweltschutz. Gegen
Klimawandel und Industrienationen, die ihre Klimaziele nicht
einhalten oder gleich zu niedrig ansetzen. Schaut man sich dieses
freitägliche Treiben an, kann nur eine Diagnose fallen: Die
Generation Z ist am Ende. Oder Y und Z waren immer schon anders. Oder
wurden im soziologischen Sinne abgelöst von einer anderen: der
Generation Klima, der Generation Bewusstsein, der Generation Wir -
einer Jugend, die nicht mehr zuschauen will. Die glaubt, noch eine
Chance zu haben. Und diese nutzen will. Was soll daran schlecht sein?
Soziologen und Erziehungswissenschaftler wissen: Jede Generation muss
sich von ihren Eltern absetzen. Solange damit nur ein anderer
Musikgeschmack gemeint ist oder eine andere Kleidung, interessiert
das heute keinen mehr. Im Zweifel hören Mama und Papa das gleiche
Zeug wie Tochter und Sohn. Und an der Variation von Löchern in Jeans
verdienen gängige Designerlabels seit Jahren ziemlich gut. Also,
soziologisch gesehen, haben diese jungen Demonstranten gar keine
andere Wahl, als unsere Art zu leben zu kritisieren. Das tut
empfindlich weh. Denn der Protest von diesen Digital Natives findet
nicht mehr nur in irgendwelchen sozialen Netzwerken oder Chatgruppen
statt, die kein Erwachsener nutzt, sondern direkt vor unseren Augen
unter größtmöglicher medialer Aufmerksamkeit. Diese Generation der
Klimakämpfer schlägt uns mit ihren ureigenen Waffen. Über
WhatsApp-Gruppen verbinden sie sich zu einer weltweiten Bewegung, die
keine mediale Beratung braucht, weil die Jugendlichen selbst
Medienexperten sind. Die Tatsache, dass sie freitags für ihren
Protest die Schule schwänzen, sollte weniger wiegen als ihre
Botschaft: "Rettet die Erde! Und zwar jetzt!" Die Jugend sollte ernst
genommen werden, statt sie wieder einmal nur zu kritisieren.
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