14.11.2013 22:07:58
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BERLINER MORGENPOST: Balanceakt in Leipzig / Leitartikel von Jochim Stoltenberg
Berlin (ots) - Es ist ein Parteitag zur Unzeit, zu dem sich die
SPD in Leipzig trifft. Er ist dem Gesetz geschuldet, nach dem alle
zwei Jahre der Parteivorstand neu zu wählen ist. Es hatte ein
Jubelparteitag nach einem rot-grünen Wahlsieg werden sollen. Nun ist
es ein Treff der Ernüchterung und Ungewissheit geworden - inmitten
der ungeklärten Verhandlungen über eine große Koalition, der große
Teile der Basis und Funktionäre höchst skeptisch gegenüberstehen,
weil mit der Union der von ihnen erhoffte Politikwechsel in
Deutschland schwerlich zu erreichen sein wird. Angesichts dieser
Herausforderung, der größten in seiner bislang vierjährigen Amtszeit
als Parteichef, hat Sigmar Gabriel in einem rhetorischen Balanceakt
die Partei auf den Boden der Realität zurückgeführt und auf
Kompromiss eingestimmt. In dem Sinne, dass die Partei nicht
nachträglich in den Verhandlungen mit CDU und CSU die Wahl noch
gewinnen könne, appellierte er an ihre staatspolitische Verantwortung
und warnte sie davor, alles oder nichts zu spielen. Die weiter
Bockigen hat er mit einer doppelten Ration Zucker zu besänftigen
versucht. Natürlich mit dem Versprechen, die SPD werde sich von
Angela Merkel nicht noch einmal unterbuttern lassen, deshalb auf
einigen Kernforderungen bestehen. Parteiintern wichtiger ist die
Türöffnung zur Linkspartei. Mit ihr will Gabriel der SPD zusammen mit
Grünen und Linkssozialisten spätestens in vier Jahren wieder eine
Machtoption zur Kanzlerpartei geben. Ob diese Rechnung aufgeht, vor
allem, ob die Grünen noch so einfach einem solchen Bündnis folgen,
ist durchaus zweifelhaft. Aber das Aufreißen der Tür nach links hat
ja auch noch ein anderes, ein kurzfristiges Ziel: gut Wetter für die
Mitgliederabstimmung über einen Koalitionsvertrag, wenn er denn
zustande kommt. Nach dem Motto: Bei aller Pein versprochen, dies ist
wirklich die letzte große Koalition. Noch wird um sie gerungen. Und
weil nur ein von der eigenen Partei gestärkter Gabriel ein starker
Verhandlungspartner ist, blieb den Delegierten gar nichts anderes
übrig, als ihren Vorsitzenden mit einem zumindest ordentlichen
Ergebnis im Amt zu bestätigen. Es war kein überschwängliches, aber
ein ehrliches Votum angesichts der aktuellen Stimmungslage der
Delegierten. Wie stark Gabriels Rückhalt in der Partei tatsächlich
ist, wird erst der Mitgliederentscheid im Dezember erweisen.
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