28.05.2014 20:40:32
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Beratergremium der Finanzminister will mehr Konsolidierung
Von Andreas Kißler
BERLIN--Die Finanzminister von Bund und Ländern sind bei einer Sitzung ihres gemeinsamen Stabilitätsrats von ihren eigenen wissenschaftlichen Beratern zu mehr Konsolidierung aufgefordert worden. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wies die Forderungen bei einer Pressekonferenz aber zurück. Der im Dezember neu geschaffene Beirat des Stabilitätsrats hat damit gleich bei seinem ersten Auftritt für Turbulenzen gesorgt.
Schäuble kam am Mittwoch mit seinen Kollegen aus den Ländern im Berliner Bundesratsgebäude zusammen, um über die Stabilität der Finanzen in Bund und Ländern zu beraten. Bei der Veranstaltung werden vor dem Hintergrund des Fiskalpakts stets die Sanierungsfortschritte in den "Sorgen-Bundesländern" Berlin, Bremen, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein überprüft, die zur Einhaltung der Schuldenbremse Konsolidierungshilfen erhalten. Der Stabilitätsrat stellte fest, "dass die fünf Länder ihren Konsolidierungsverpflichtungen im Jahr 2013 nachgekommen sind" und empfahl Berlin und Schleswig-Holstein, "ihren strikten Konsolidierungskurs beizubehalten".
Aber insgesamt lobten die versammelten Finanzminister den Zustand der Haushalte: "Wir dürfen feststellen, dass sich die öffentlichen Finanzen in Deutschland auf einem soliden Fundament befinden", sagte der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD).
Nach einem strukturellen Finanzierungsüberschuss von 0,9 Prozent des Bruttoinlandsproduktes im Jahr 2013 erwarten die Kassenwarte für Bund, Länder und Gemeinden von 2014 bis 2018 einen Überschuss von rund 0,5 Prozent des BIP pro Jahr. Dieser Überschuss zeige sich allerdings "unterschiedlich in den unterschiedlichen Gebietskörperschaften", räumte Walter-Borjans ein. Sprich: Während der Bund derzeit noch im Minus ist, haben die Länder insgesamt schon Überschüsse.
Hingegen sah der Beirat des Stabilitätsrates, der erstmals an den Beratungen teilnahm, in struktureller Rechnung - also ohne Konjunktur-und Einmalposten - "eher in etwa ausgeglichene Haushalte" und empfahl, vor dem Hintergrund erwarteter günstiger Rahmenbedingungen nennenswerte gesamtstaatliche Überschüsse zu planen.
"Die angestrebten Überschüsse setzen Haushaltsdisziplin voraus", mahnte der Vorsitzende des neunköpfigen wissenschaftlichen Beratergremiums, der Mannheimer Universitätsprofessor Eckhard Janeba. Mit einer ambitionierteren Haushaltspolitik könne gleichzeitig ein zügigerer Abbau der Schuldenquote erreicht und den absehbaren demografischen Herausforderungen Rechnung getragen werden.
Schäuble sah das aber nicht so und verwies darauf, dass der Beirat seine Sichtweise auf eine von den EU-Regeln abweichende Berechnungsweise zur Normalauslastung der Wirtschaft gründe. "Deshalb hilft uns das leider nicht weiter", sagte der Bundesfinanzminister und sah "keinen finanzpolitischen Handlungsbedarf". Die Bundesregierung müsse sich schließlich an EU-Regeln halten. In jedem Fall erfülle Deutschland seine "gesamtstaatlichen Verpflichtungen mit hinreichendem Sicherheitsabstand", hob er hervor. "Alles in allem ist es eine angemessene gesamtstaatliche Finanzpolitik."
Eine zusätzliche Konsolidierung ist auch nicht das, worüber die Haushaltspolitiker von Union und SPD derzeit diskutieren. Sie wollen bis Ende kommender Woche Klarheit darüber schaffen, ob Schäubles aktuelle Budgetplanungen überhaupt zu halten sind, oder ob für dieses Jahr eine höhere Neuverschuldung als die eigentlich von Schäuble eingeplanten 6,5 Milliarden Euro hingenommen werden muss.
Denn der Bund muss wegen eines Gerichtsurteils Einnahmen in Höhe von 2,3 Milliarden Euro aus der Brennelementesteuer vorläufig zurückzahlen, und er muss laut der neuesten Schätzung dieses Jahr 800 Millionen Euro an Steuermindereinnahmen verkraften.
In seiner bisherigen Planung will Schäuble das Budget dieses Jahr strukturell ausgleichen, Konjunktur- und Einmaleffekte ausgeblendet. Die Haushälter prüfen nun fieberhaft, ob sie bis zu ihrer "Bereinigungsitzung" am Donnerstag noch weitere Gegenfinanzierungsmöglichkeiten entdecken, um dieses Ziel nicht zu gefährden.
2015 soll dann unter dem Strich die schwarze Null stehen: Die Große Koalition hat das Ziel des ausgeglichenen Bundeshaushaltes für nächstes Jahr in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben. Zuletzt gelang ein ausgeglichener Bundeshaushalt dem damaligen Finanzminister Franz Josef Strauß im Jahr 1969.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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May 28, 2014 12:23 ET (16:23 GMT)
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