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22.01.2015 19:31:31

Banken und Versicherer laufen Sturm gegen Europäische Notenbank

   Von Madeleine Nissen

   Leicht hat es Mario Draghi in Deutschland noch nie so richtig gehabt. Doch jetzt weht dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank der Wind noch schärfer ins Gesicht. Die Kritik kommt nicht nur aus Bundesbank und Politik, sondern auch von den Banken und Versicherern. Die Vorwürfe wiegen schwer: Die EZB verzerre durch Anleihenkäufe nicht nur den Wettbewerb, sondern treibe die Investoren auch in riskante Anlagen.

   Bis Ende September 2016 will die EZB jeden Monat Anleihen für 60 Milliarden Euro kaufen. Das findet die Munich Re schlicht "falsch". "Sparer und institutionelle Langfristanleger werden gleichermaßen belastet, denn sie werden in unsichere Anlageformen getrieben", sagte Finanzvorstand Jörg Schneider dem Wall Street Journal. "Dass die EZB zum Marktpreis kauft, ist doch eine Illusion, denn die Kurse der Anleihen werden schon durch die Ankündigung von EZB-Käufen nach oben getrieben", kritisierte er.

   Dabei ist die Lage für Rückversicherer im Vergleich zu den Banken noch nahezu entspannt. Sie können bei den jährlich neu verhandelten Verträgen die niedrigen Zinsen einrechnen. Allerdings ist ihr Spielraum angesichts der gestiegenen Konkurrenz in der Branche begrenzt. Inzwischen investieren auch Hedgefonds in Versicherungsrisiken und setzen die traditionellen Anbieter damit stärker unter Druck. Langfristig wird es für die klassischen Rückversicherer jedenfalls immer schwieriger, Rendite und Profitabilität zu erhalten.

   Für die Banken ist die Lage noch verzwickter. Bislang konnten sie sich über die Fristentransformation retten. Eine Bank refinanziert sich durch eine kurze Zinsbindung. Das Geld verleiht sie längerfristig und zu höheren Zinsen an ihre Kunden. Damit verdient die Bank ihr Geld. Je enger die Differenz zwischen lang- und kurzfristigen Zinsen, desto weniger lukrativ ist das Geschäft.

   Das Problem: Es gibt keine risikoarme Alternative. Das Ziel der EZB ist es, mehr Kredite zu forcieren und dadurch vor allem in Südeuropa der Wirtschaft einen Schub zu geben. "Allerdings ist die Kehrseite, dass Banken dazu neigen könnten, die Kredite weniger genau zu prüfen, als wenn das Geld knapp ist", warnte Jan Holthusen, Leiter Fixed Income Research bei der DZ Bank. Dadurch ist das Ausfallrisiko höher. "Einige Banken dürften sich durch das EZB-Programm animieren lassen, wieder höhere Risiken einzugehen", sagte er. Das gleiche gelte für Lebensversicherungen und Pensionskassen.

   Damit könnten die Bemühungen der Regulierer wieder zunichte gemacht werden. Seit dem Beginn der Finanzkrise im Jahr 2007 ist es ihr Ziel, das Finanzsystem zu stabilisieren. Nie wieder sollen Konzerne aus Angst vor einem Dominoeffekt mit dem Geld der Steuerzahler gerettet werden. Um Finanzhäusern die Lust auf riskante Anlagen zu nehmen, haben die Aufseher die Kapitalvorgaben stark angehoben. Je riskanter das Geschäft, desto höher muss das Eigenkapital sein. Doch nun könnten sie angesichts der niedrigen Zinsen wieder auf die Idee kommen, wieder ins Risiko zu gehen, warnte jüngst Bafin-Präsidentin Elke König. Der Risikovorstand einer großen Bank bestätigte ihre Befürchtungen. "Irgendwann müssen wir uns fragen, wo das Geld herkommen soll", sagte er.

   Kontakt zur Autorin: Madeleine.Nissen@wsj.com

   DJG/mln/jhe

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