11.12.2013 21:39:58
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Badische Zeitung: Unbequemer Hüter der Privatsphäre / Im Profil: Peter Schaar, der scheidende Datenschutzbeauftragte der Bundesregierung, war oft ein einsamer Mahner
Freiburg (ots) - Er war bis 1979 Sozialdemokrat und verließ die
SPD wegen der Atompolitik. Danach engagierte sich der 1954 in Berlin
geborene Peter Schaar bei den Grünen, deren Hamburger Landesverband
er von 1997 bis 2000 führte. Im Grunde seines Herzens ist der
Volkswirt aber immer ein Linksliberaler gewesen und geblieben -
einer, der Bürgerrechte und den Schutz der Privatsphäre zu seinem
wichtigsten Anliegen macht. Und das hat der begeisterte
Motorradfahrer und St. Pauli-Fan in den vergangenen zehn Jahren
pausenlos und an vielen Stellen als der "Bundesbeauftragte für den
Datenschutz und die Informationsfreiheit" - so lautet sein
offizieller Titel - getan. Dabei klingt der Titel viel machtvoller,
als es das Amt wirklich ist. Es ist dem Innenministerium angegliedert
und hat im Gegensatz zu den Datenschutzstellen der Länder keinerlei
Durchgriffs- oder Sanktionsmöglichkeiten. Der Datenschutzbeauftragte
des Bundes kann also nur durch seine Person wirken. Diesem Anspruch
ist Schaar fraglos gerecht geworden. Gleichwohl rät er der künftigen
Bundesregierung, das Amt unabhängig zu machen und ihm den Einfluss zu
geben, den beispielsweise der Bundesrechnungshof bei der Kontrolle
staatlicher Ausgaben ausübt. Im schwarz-roten Koalitionsvertrag
findet sich dazu allerdings kein Wort. Und wer Schaar nachfolgt, wenn
er am 17. Dezember aus dem Amt scheidet, ist offen.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) war nicht bereit,
Schaar so lange auf seinem Posten zu belassen, bis Berlin einen neuen
Beauftragten ernannt hat. Das darf man getrost als Retourkutsche für
die offene Kritik werten, die Schaar immer wieder und zuletzt in
Sachen NSA-Affäre an der Bundesregierung übte. Noch vor wenigen Tagen
zeigte er sich enttäuscht, dass die Regierung wochenlang seinen
Fragen zur Aufklärung der Affäre auswich: "Man hatte vor den Wahlen
versucht, den Deckel drauf zu machen und da passte diese unangenehme
Fragerei nicht so recht rein." Trotzdem scheidet Schaar, der 2003 auf
Vorschlag der Grünen berufen worden war, ohne Groll aus dem Amt. Er
sieht es beispielsweise als seinen Erfolg an, bei den neuen
Personalausweisen die Erfassung von Fingerabdrücken verhindert zu
haben. Und die dort erfassten biometrischen Daten landen auf seinen
Druck hin nicht in externen Datenbanken. Aber mangels unmittelbarer
Kompetenzen lässt sich seine Arbeit nicht an konkreten Beschlüssen
oder Entscheidungen messen. Wie der Patienten-, Behinderten- oder
Drogenbeauftragte der Regierung wirkt eben auch der
Datenschutzbeauftragte auf andere Weise: durch Information,
Aufklärung, Gespräche mit Bürgern und Politikern. Es kann ja nicht
schaden, dass sein Haus den Bundestagsabgeordneten auf 17 Seiten
Auskünfte und Ratschläge zukommen ließ, als sie im November erstmals
über die NSA-Affäre berieten. Nun gibt es neben dem Staat auch die
private Wirtschaft, sprich: das Geschäftsmodell von Facebook, Google
& Co., im Austausch gegen private Daten kostenlose Dienstleistungen
anzubieten. Dass viele Bürger leichtfertig mit ihren Daten umgehen,
hat Schaar immer wieder beklagt. Die Informationstechnik und die
Innovationen schritten viel rascher voran, als die Gesellschaft
lerne, damit umzugehen. Er meint aber auch, dass gerade die
NSA-Affäre allmählich ein Umdenken bewirke. Wie wichtig größere
Vorsicht sei, macht Schaar oft an einem bedenklichen Beispiel
deutlich: "Wenn ich mich auf der Facebook-Seite einer
Selbsthilfegruppe nach kompetenter Beratung zu einem chronischen
Leiden erkundige, dann ist das dort nachzulesen. Für jeden
Arbeitgeber, für jeden Krankenversicherer. Und zwar unter meinem
Namen." Und dann sei die Gefahr groß, dass ein Arbeitgeber oder ein
Versicherer daraus den Schluss zöge, dass der Betreffende krank sei
ein Schluss, der aber keineswegs zutreffend sein müsse. Denn niemand wisse ja, warum jemand die Seite einer Selbsthilfegruppe angeklickt habe. "Unverzagt für den Datenschutz einzutreten", lautet denn auch Schaars Rat an seinen Nachfolger: "Auch wenn es schwierig ist, kommt es weiter darauf an, diejenigen, die unverhältnismäßig viele Daten sammeln, in die Schranken zu weisen - sei es die Privatwirtschaft oder der Staat".
ein Schluss, der aber keineswegs zutreffend sein müsse. Denn niemand wisse ja, warum jemand die Seite einer Selbsthilfegruppe angeklickt habe. "Unverzagt für den Datenschutz einzutreten", lautet denn auch Schaars Rat an seinen Nachfolger: "Auch wenn es schwierig ist, kommt es weiter darauf an, diejenigen, die unverhältnismäßig viele Daten sammeln, in die Schranken zu weisen - sei es die Privatwirtschaft oder der Staat".
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