07.03.2014 22:57:59

Badische Neueste Nachrichten: Neue Souveränität Kommentar Von Rudi Wais

Karlsruhe (ots) - Ein Bundespräsident hat wenig Gelegenheit, sich zu blamieren. Wo auch immer er auftritt, in welches Land auch immer er reist: Die Reden, die er hält, sind schon lange vorher so feinfühlig formuliert worden, dass sich kein Zuhörer ausgeschlossen fühlt und schon gar niemand brüskiert. Die Betriebe, Gedenkstätten oder Vereine, die er besucht, haben sein Amt und die jeweiligen Botschaften auf Herz und Nieren geprüft - und wenn der Präsident dann kommt, folgt alles einer strengen protokollarischen Choreografie. Fettnäpfchen, in das der erste Mann im Staate treten könnte, stehen bei solchen Anlässen in der Regel nicht herum. Für die Reise von Bundespräsident Gauck nach Griechenland gilt das nur eingeschränkt. Ein Land, dessen Zeitungen die deutsche Kanzlerin in Nazi-Uniform abbilden und das sich vom wohlhabenden Teil Europas wie ein Aussätziger behandelt fühlt, ist auch für den Bundespräsidenten ein schwieriges Pflaster. Joachim Gauck allerdings hat sich auf diesem unsicheren Untergrund mit einer Souveränität bewegt, wie viele seiner Kritiker sie ihm schon nicht mehr zugetraut haben. Zwei Jahre nach dem Rücktritt von Christian Wulff, so scheint es, ist der Neue endlich angekommen in seinem Amt. Sein Start damals, das weiß auch Gauck, war alles andere als glücklich. Obwohl von Union und FDP ins Amt gehievt, engagierte er für seinen Stab vor allem Grüne und Sozialdemokraten. Wann genau sich das Rollenverständnis des Bundespräsidenten zu verändern begann, lässt sich im Nachhinein schwer rekonstruieren. Zum ersten Mal öffentlich wurde das Ergebnis dieser Metamorphose bei der Münchner Sicherheitskonferenz, als Gauck in seiner bislang wohl besten Rede dafür warb, Deutschland solle sich in der Welt "früher, entschiedener und substanzieller" einbringen. Was auf den ersten Blick nur wie ein Plädoyer für weitere Militäreinsätze aussieht, entpuppt sich bei näherem Betrachten als politische Ableitung von Gaucks Mega-Thema, der Freiheit. Zur Freiheit gehört für ihn auch, Verantwortung zu übernehmen, für sich, aber auch für andere, Unfreie zumal. Deutschland soll sich seiner globalen Verantwortung stellen und sich nicht mehr hinter seiner Vergangenheit verschanzen. So oder so ähnlich wird sie im nächsten Jahr, beim 70. Jahrestag des Kriegsendes klingen - die Gauck-Doktrin.

OTS: Badische Neueste Nachrichten newsroom: http://www.presseportal.de/pm/104277 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_104277.rss2

Pressekontakt: Badische Neueste Nachrichten Klaus Gaßner Telefon: +49 (0721) 789-0 redaktion.leitung@bnn.de

Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!