29.10.2013 22:58:58
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Badische Neueste Nachrichten: Demokratie-Defizit
Karlsruhe (ots) - Bei der Bundestagswahl ist die Sache klar: Es
geht um ein Duell der Spitzenkandidaten. Prominente Köpfe kämpfen
darum, wer ins Kanzleramt einzieht. Denn die stärkste Partei stellt
in der Regel auch den Regierungschef. In der EU ist das anders. Die
Brüsseler Exekutive wird im Grunde von den nationalen Regierungschefs
besetzt - unabhängig vom Ausgang der Europawahl. Kein Wunder, dass
die Wahlbeteiligung auf stetig neue Rekordtiefs sinkt. Die
Europäische Union leidet an einem Demokratie-Defizit. Die nationalen
Minister, die daheim zur Exekutive gehören, sind in Brüssel
Gesetzgeber, was der Gewaltenteilung widerspricht. Die einzig direkt
gewählte EU-Institution, das Parlament, hat kein Initiativrecht.
Außerdem gibt es dort keinen Kampf der politischen Lager - keinen
Dualismus von Regierung und Opposition. Stattdessen herrscht eine Art
informelle Große Koalition der demokratischen Mitte. Denn ohne breite
Mehrheiten kann das Parlament als Institution im Machtkampf mit der
Kommission und den Hauptstädten nichts durchsetzen - etwa wenn es um
Änderungen an Gesetzesvorschlägen geht. Europa ist kein Bundesstaat,
sondern ein Staatenverbund. Der Gemeinschaft fehlen essenzielle
Elemente, die Demokratie auf nationaler Ebene lebendig machen. Dazu
gehört der Kampf um Köpfe und Konzepte. Wer bei der Europawahl
abstimmt, will wissen, ob er mit seinem Kreuz den Kurs der EU
verändern kann. Bisher kann er es de facto nicht. Deshalb ist die
Idee der europäischen Spitzenkandidaten an sich gut - zumal sie
anders als eine Direktwahl des Kommissionspräsidenten ohne große
Vertragsänderungen umsetzbar ist. Wer in Berlin, Paris oder London
"rot" oder "schwarz" wählt, soll wissen, wen er jeweils als
Kommissionschef bekommt und für welche Politik der Kandidat steht.
Das ist ein Anreiz, seine Stimme abzugeben. Allerdings nur, wenn die
EU-Regierungen das Wählervotum nicht ignorieren - um am Ende doch
wieder Personal-Pakete nach Proporz-Gesichtspunkten auszukungeln.
Denn dann bliebe am Ende nur mehr Frust statt Lust auf Europa.
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Pressekontakt: Badische Neueste Nachrichten Klaus Gaßner Telefon: +49 (0721) 789-0 redaktion.leitung@bnn.de
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