18.12.2015 21:27:37

Allg. Zeitung Mainz: Steherqualitäten / Kommentar zum EU-Gipfel, von Friedrich Roeingh

Mainz (ots) - Schon wieder ein EU-Gipfel, der vor allem dokumentiert hat, wie handlungsunfähig die Europäische Union ist. Nicht nur, dass es in der Flüchtlingspolitik keinerlei Fortschritte gibt. Nicht nur, dass die Briten mit ihrer Austrittsdrohung weiterhin Vorteile und das Aushebeln gemeinschaftlicher Prinzipien erpressen wollen. Zum größten Streitthema wurden diesmal die deutsch-russischen Ausbaupläne für die Ostsee-Pipeline, Nord Stream 2. Das Beachtlichste daran: Es geht bei der notorischen Uneinigkeit der EU gar nicht mehr um das Ringen um unterschiedliche Grundpositionen. Der italienische Ministerpräsident Renzi stellt offen die Führungsrolle Deutschlands infrage und erntet allein mit diesem Ansinnen den Applaus zahlreicher Partner. In Wahrheit geht es Merkels Gegnern nicht darum, ob das Projekt die - inzwischen falsche - Politik der EU konterkariert, Russland mit fortdauernden Wirtschaftssanktionen in die Knie zwingen zu wollen. Es geht schlicht darum, den Deutschen und ihrer Kanzlerin eins auszuwischen. Gründe lassen sich dafür finden. Deutschlands Rolle als Zuchtmeister in der Finanzkrise, die die Südländer so schnell nicht vergessen werden. Und natürlich der Alleingang der Kanzlerin in der Flüchtlingskrise, mit dem sie auch die Osteuropäer gegen sich aufgebracht hat. Merkels stärkste Waffe sind auch in den europäischen Konflikten ihre Steherqualitäten. Abtropfen lassen und weitermachen. Die Kanzlerin täte gleichwohl gut daran, die Warnzeichen zu erkennen. Die Bundesregierung muss in ihrer Europapolitik wieder wesentlich konsequenter als in den vergangenen Jahren den Schulterschluss mit Frankreich suchen. Alleingänge sollte sie sich selbst zum Tabu erklären.

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Pressekontakt: Allgemeine Zeitung Mainz Florian Giezewski Regionalmanager Telefon: 06131/485817 desk-zentral@vrm.de

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