Allg. Zeitung Mainz: Murks / Kommentar zur Schiersteiner Brücke

Mainz (ots) - Am Ende war es wohl Murks, der der maroden Schiersteiner Brücke vorläufig den Rest gegeben hat. Wann das Vorlandbauwerk auf rheinland-pfälzischer Seite wieder befahrbar sein wird, steht in den Sternen. Die Politik reagiert wie so oft vorhersehbar: Während Schwarz-Gelb eine fahrlässige Vernachlässigung beklagt, sieht Rot-Grün keine Zusammenhänge zwischen dem Schaden und der Wartung der Brücke. Die A643 ist ein Musterbeispiel dafür, wie falsch eine Debatte um die Schlagadern unseres Wirtschaftssystems - und das sind die Autobahnen nun einmal - geführt werden kann. Da streiten sich die politischen Lager wie die Kesselflicker, ob man nun 4+2 oder echte sechs Spuren durch den Mainzer Sand bauen darf. Und das Bauwerk selbst - verfällt. Die Sperrung wirkt sich um so dramatischer aus, weil ein weiterer Faktor hinzukommt: In der Region fehlen Brücken. Sei es am Mittelrhein, zwischen Bingen und Rüdesheim oder zwischen Nierstein und Trebur. Und dieser Befund hat nichts mit Betonfetischismus zu tun. Vielmehr hilft der reflexhafte Verweis auf öffentliche Verkehrsmittel nur bedingt weiter. Er geht in der Regel vor allem denen leicht über die Lippen, die nicht pendeln müssen. Und auch nicht auf die Firma Vlexx angewiesen sind, die noch beweisen muss, dass sie den regionalen Zugverkehr wirklich beherrscht. Das westliche Rhein-Main-Gebiet braucht eine Verkehrsplanung aus einem Guss. Ideologische Grabenkämpfe, bei denen zu viele Protagonisten die kuschelige Lebenswirklichkeit ihres Lieblingsstadtteils mit den Notwendigkeiten eines ganzen Ballungsraumes verwechseln, sind der sicherste Weg, um nicht nur zwischen Mombach und Schierstein vor die Wand zu fahren.

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