27.01.2014 19:25:00

Allg. Zeitung Mainz: Kapital / Kommentar zum Snowden-Interview

Mainz (ots) - Nichts zeigt die Verkennung eines Themas deutlicher als die Art und Weise, wie die ARD mit dem Interview mit Edward Snowden umgegangen ist. Das seit Langem einzige Gespräch mit dem Mann, der eine der größten außenpolitischen Erschütterungen der letzten Jahre ausgelöst hat, wird im Spätprogramm versteckt. Waren da schon wieder dunkle Mächte am Werk? Nein, das wohl nicht. Es zeigt einfach nur, wie wenig politisches Kapital vermeintlich aus dem Thema zu schlagen ist. Nicht nur, weil man das vor allem inBerlin nicht will oder weil man dort vielleicht noch viel mehr weiß, als man bislang zugegeben hat. Das mit einiger Wahrscheinlichkeit auch. Aber es wäre dennoch zu billig, jetzt nur Politikschelte zu betreiben. Den politischen Diskurs in diesem Land betreiben wir alle - oder gar nicht. Maut für Ausländer, angeblicher Sozialtourismus, 32-Stunden-Woche - da tobt oder jubelt der Stammtisch. Und für mehr Debattenstoff reicht es nicht mehr? Snowden hat erneut Spannendes berichtet. Etwa zur Wirtschaftsspionage: Wenn es im nationalen Interesse der USA liege, greife man sich Daten etwa von Siemens ab. Die ganze NSA-Affäre ist nicht nur ein Polit-Skandal, sondern auch und gerade Big Business. Ein Business, in dem massiv privatisierte Geheimdienste nicht länger nur Kernaufgaben des Staates wahrnehmen, sondern privatwirtschaftlich agieren. Warum? Weil sie es können. Und am Ende kaufen Firmen wie der friesische Windrad-Bauer Enercon für Hunderte von Millionen Euro Technologie zurück, die ihnen schon einmal gehört hat. Das Geld fehlt dann in der Steuerkasse, auch für Projekte, die der Stammtisch liebt. Man muss Edward Snowden deshalb kein Asyl gewähren, aber man sollte ihm weiter sehr genau zuhören - und Schlüsse daraus ziehen.

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Pressekontakt: Allgemeine Zeitung Mainz Florian Giezewski Regionalmanager Telefon: 06131/485817 desk-zentral@vrm.de

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