06.07.2018 21:03:43

Allg. Zeitung Mainz: Brachial / Kommentar von Friedrich Roeingh zum Ende der Regierungskrise

Mainz (ots) - Preisfrage: Wie bringt man möglichst viele Bürger gegen die Politik auf? Ganz einfach. Indem man eine Regierungskrise vom Zaun bricht. Indem man ein Ultimatum nach dem anderen ausruft. Indem man für Probleme, die sich nur europäisch lösen lassen, nationalen Lösungen das Wort redet. Und indem man mit persönlichen Attacken, die jeden Anstand vermissen lassen, die Würde der Bundeskanzlerin beschädigt. "Ist doch was bei raus gekommen, Europa bewegt sich endlich", sagen die Brachialpragmatiker. Das ist schlicht falsch. Europa hatte längst vor dem jüngsten EU-Gipfel damit begonnen, sich abzuschotten. Die Grenzschutzagentur Frontex arbeitet auf das Engste mit den Machthabern in Libyen zusammen, um Flüchtlinge an der Überfahrt nach Europa zu hindern. Und die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit in Eschborn versorgt afrikanische Despoten mit Millionenspritzen und modernster Überwachungstechnik, um die Flüchtlingsrouten innerhalb Afrikas zu kappen. Entwicklungshilfe nennt man das zynisch. Wahr ist, dass Angela Merkel es bewusst versäumt hat, diese 180-Grad-Wende ihrer Flüchtlingspolitik zu erklären. So gesehen ist die Bundeskanzlerin selbst auch nicht ganz unschuldig an dem Drama, dessen Zeugen wir in den vergangenen drei Wochen geworden sind. Und die Transitzentren, die Horst Seehofer uns als den großen Coup verkaufen wollte? Ganze drei bayerische Grenzübergänge sollen stärker kontrolliert werden. Man rechnet mit zwei bis fünf Fällen täglich. 48 Stunden dürfen Flüchtlinge dann in bereits bestehenden Polizeistationen (!) in Gewahrsam bleiben. Eine klassische politische Mogelpackung. Wer so holzt wie die CSU und so wenig erreicht, der bekämpft nicht Politikverdrossenheit, der züchtet sie geradezu heran. Was sagte doch allen Ernstes ein Regierungsmitglied der Union dazu? Die heutige Politik bestehe halt zu 80 Prozent aus Kommunikation und nur zu 20 Prozent aus Lösung. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Mit 80 Prozent Lösung und 20 Prozent Kommunikation macht man Demokratie und Rechtsstaat wieder stark, macht man politische Rattenfänger wie die AfD schwach. Und das gilt nicht nur in der Flüchtlingspolitik, sondern auch für die brennenden Themen Bildung, Rente, Wohnen und Digitalisierung. Und das gilt auch für die Schaffung eines überfälligen Einwanderungsgesetzes, das CDU und CSU nach mehr als zehnjähriger Blockade jetzt endlich möglich machen wollen. Übrigens das einzig nennenswerte Ergebnis dieses traurigen Kasperletheaters.

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Pressekontakt: Allgemeine Zeitung Mainz Werner Wenzel Leiter Newspool 06131-485980 online@vrm.de

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