22.04.2015 21:22:38

Allg. Zeitung Mainz: Ausmisten / Kommentar zu G36

Mainz (ots) - Soll man sich freuen, dass das G36 ganz offensichtlich seinen Zweck nicht erfüllt? Immerhin ist es eine mächtige, todbringende Waffe. In einer idealen Welt könnte man tatsächlich jetzt erfreut sein. Aber diese Welt ist alles andere als ideal. Die Annahme, dass dort, wo nicht mit einem G36 geschossen wird, etwa ein amerikanisches M16, eine russische Kalaschnikow oder eine israelische Uzi zum Einsatz kommt, darf - leider - als gesichert gelten. Zu Grundsatzdebatten besteht also kein Anlass. Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee, die einen eindeutigen, auf Friedenssicherung ausgerichteten Auftrag hat, so geführt wird und sich auch selbst so versteht. Um diesen Auftrag erfüllen zu können, müssen sich die Soldatinnen und Soldaten aber unbedingt auf ihre Ausrüstung verlassen können. Und das können sie nach Lage der Dinge nicht. Im Gegenteil, die Frage steht im Raum, ob Soldaten im Einsatz in Afghanistan gestorben sind, weil sie wegen ihres funktionsuntüchtigen G36 möglicherweise nicht mehr in der Lage waren, sich zu verteidigen. Aber nicht nur deshalb gehört die Affäre um das Gewehr aus Oberndorf schleunigst aufgeklärt. Es hat einige Millionen Euro Steuergeld verschlungen, der Hersteller hat sich die Tauglichkeit der Waffe offenbar über Jahre quasi selbst testieren dürfen, und mindestens zwei Minister - de Maizière und von der Leyen
haben von den Problemen gewusst. Zusammen mit nicht funktionierenden Hubschraubern, fehlenden Transportern und anderen Themen ergibt sich für das Beschaffungswesen der Bundeswehr ein Bild, auf das die Bezeichnung "Saustall" passt. Dieser Saustall gehört schleunigst ausgemistet. Mindestens das haben die Soldatinnen und Soldaten verdient. Und in Zukunft mehr Professionalität.

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