19.09.2013 19:47:58

Allg. Zeitung Mainz: Aufschrei / Kommentar zum Urteil zur Sicherungsverwahrung

Mainz (ots) - Mehr als 70000 Euro Schadenersatz für einen ehemals Sicherungsverwahrten? Für jemanden also, der sich einst eines schweren Verbrechens schuldig machte, dafür bestraft wurde und dann auch noch in Verwahrung blieb, weil er als gefährlich einzustufen war? Muss das nicht einen Aufschrei provozieren? Empörung ist gut nachvollziehbar. Aber sie kommt am falschen Ort und zu spät. Die gestrige Karlsruher Entscheidung ist nicht zu beklagen, weil sie geltendes Recht umsetzt, gesetzt vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). So ist das im Rechtsstaat, mag es noch so schmerzlich sein. Eines Aufschreis würdig sind viel mehr folgende Fragen:Ist es politisch überhaupt akzeptabel, dass der EGMR Entscheidungen des deutschen Gesetzgebers, die keineswegs Europarecht betreffen, in der Luft zerreißt, wie es 2009 mit der Regelung über die nachträgliche Sicherungsverwahrung geschah? Ferner:Besteht nicht das eigentliche Problem der Sicherungsverwahrung darin, dass es in der Justiz und bei Sachverständigen eine Neigung gibt, im Zweifel die Gefährlichkeit von Tätern zu verneinen, auch wenn damit die Sicherheit der Bürger gefährdet werden kann? Und liegt nicht der viel tiefere generelle Missstand, um nicht zu sagen: Skandal des deutschen Strafrechts darin, dass ein Mörder schon nach lediglich 15 Jahren entlassen werden kann? Nicht zuletzt: Wie ist sicherzustellen, dass der ehemals Sicherungsverwahrte, der nun 73 000 Euro erhält, von diesem Geld Schadenersatzansprüche seines Opfers erfüllt? Der seit 2003 inhaftierte Kindermörder Magnus Gäfgen dürfe 3000 Euro Schmerzensgeld, die ihm der Staat wegen Folterdrohung zahlen muss, für sich behalten, entschied kürzlich das Oberlandesgericht Frankfurt.

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Pressekontakt: Allgemeine Zeitung Mainz Florian Giezewski Regionalmanager Telefon: 06131/485817 desk-zentral@vrm.de

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