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29.04.2013 19:59:59

Allg. Zeitung Mainz: Alles gut? Kommentar von Peter Königsberger zum 1. Mai

Mainz (ots) - Gäbe es hierzulande die Gewerkschaften nicht, man müsste sie schleunigst erfinden. Denn ohne sie wäre der weltweite Erfolg der deutschen Wirtschaft nicht möglich. Es wird wohl kaum einen Unternehmer geben, der dem -, wenn auch nicht unbedingt öffentlich - nicht zustimmen würde. Denn zum Erfolg gehört in guten wie in schlechten Zeiten Partnerschaft. Ein wesentlicher Pfeiler dafür ist die weltweit hochbewunderte Tarifautonomie, also das Miteinander auf Augenhöhe ohne Einmischung des Staates. Deutschlands Wirtschaft wäre nie so schnell und so robust aus der letzten Rezession - und nicht nur aus dieser - gekommen, wenn es kein vertrauensvolles Miteinander gegeben hätte. Alles gut also im Boomland Deutschland zum 1. Mai 2013? Bei näherem Hinsehen leider nicht. Denn Millionen arbeiten als Leih- oder Zeitarbeiter oder haben nur Minijobs, was nichts anderes bedeutet, als dass es hierzulande längst zwei Klassen von Arbeitnehmern gibt: die, die Vollzeit und sozialversicherungspflichtig nach Tarifen arbeiten, die ihnen ihre Gewerkschaften erhandelt oder auch erstritten haben. Und die anderen, die oft genug nicht einmal auf Basis eines Mindestlohns arbeiten. Dafür mag es durchaus wirtschaftlich nachvollziehbare Gründe geben. Aber damit kann und darf sich eine machtvolle Arbeitnehmervertretung, wie sie die Gewerkschaften hierzulande noch immer darstellen, nicht zufriedengeben, will sie ihre Position als Partner der Wirtschaft auf Augenhöhe wie in den Augen der Arbeitnehmer behalten. Ob und welche Antwort die Gewerkschaften darauf finden, wird darüber entscheiden, welche Rolle sie künftig im gesellschaftlichen Kräfteverhältnis spielen werden.Will die Wirtschaft ihre alles in allem verlässlichen Partner im Rahmen der Tarifautonomie nicht verlieren, wird sie auf Dauer mithelfen müssen zu verhindern, dass sich eine Zweiklassengesellschaft innerhalb der Arbeitnehmerschaft verfestigt. Tut sie das nicht, wird sich über kurz oder lang die Politik einmischen. Zum einen, weil eine Zweiklassen-Arbeitnehmerschaft Neid erzeugt, und der ist für den gesellschaftlichen Konsens, der Deutschland im internationalen Wettbewerb so erfolgreich macht, pures Gift. Zum anderen, weil Neid ein idealer Nährboden für radikales Gedankengut ist. Ja, der 1. Mai ist der Tag der starken Worte, ab dem 2. Mai aber ist wieder das Streben nach Konsens gefragt. Daran sollte jeder denken, der hierzulande Verantwortung trägt.

Originaltext: Allgemeine Zeitung Mainz Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/65597 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_65597.rss2

Pressekontakt: Allgemeine Zeitung Mainz Peter Schneider Newsmanager Telefon: 06131/485981 desk-zentral@vrm.de

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