03.06.2008 19:06:00

UPDATE: Ersten Geschäften geht die Milch aus

(NEU: Reaktion des MIV, Blockaden-Auflösung, Bauernverband) DÜSSELDORF (AP)--Der seit knapp einer Woche andauernde Milchstreik hat erstmals die Verbraucher erreicht: Einigen Supermärkten ist am Dienstag die Milch ausgegangen. Von zeitweiligen Engpässen waren nach eigenen Angaben mehrere Real-Märkte wie auch Filialen des drittgrößten deutschen Discounters Plus betroffen. Edeka berichtet, im Norden Bayerns gebe es teilweise Lücken in den Regalen. Ein Ende des Streiks ist nicht absehbar.

   Zwar rief der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) die Bauern dazu auf, die Blockaden von Molkereien zu beenden. An dem Milchlieferstopp soll jedoch unvermindert festgehalten werden.

   Ein Sprecher des Milchindustrie-Verbands (MIV) wertete den BMD-Aufruf als wichtiges Signal zur Deeskalation, das künftige Gespräche sicherlich erleichtern werde. Der Deutsche Bauernverband drängt derweil auf eine schnelle Einigung: Noch am Dienstagabend sollten vor ausgewählten Zentralen des Lebensmitteleinzelhandels Schlepperdemonstrationen beginnen, um eine rasche Einigung für deutlich höhere Milchpreise herbeizuführen. Betroffen sein sollten die Unternehmenszentralen von Aldi Nord in Essen, REWE in Köln und Norma in Fürth.

   Der Einzelhandel erklärte, er unternehme alle Anstrengungen, um die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Lieferengpässe in größerem Ausmaß seien in absehbarer Zeit zwar nicht zu erwarten. Wenn es infolge illegaler Blockaden jedoch zu Lücken im Kühlregal komme, trage hierfür nicht der Handel die Verantwortung, sagte Einzelhandelsverbands-Geschäftsführer Stefan Genth. Kaiser's Tengelmann rechnet ab Mittwoch mit ersten Ausfällen. Auch Rewe-Sprecher Wolfram Schmuck sagte, künftige Engpässe seien nicht auszuschließen.

   Der erbitterte Streit über die Höhe der Milchpreise war am Montag eskaliert. Wütende Bauern hatten mit ihren Traktoren Dutzende Molkereien in ganz Deutschland blockiert. Auch am Dienstag waren zunächst wieder Molkereien unter anderem in Schleswig-Holstein und Bayern blockiert worden. Diese lösten sich nach dem BDM-Aufruf laut Industrieverband am Abend aber weitestgehend auf. Die Bauern wollen einen Milchpreis von 43 Cent pro Liter durchsetzen. Derzeit erhalten sie nach eigenen Angaben maximal 35 Cent.

   Der BDM erklärte, er habe Verständnis für die Wut der Bauern, "aber wir wollen auch ein Zeichen des guten Willens setzen". Aus diesem Grund wolle man nun mäßigend auf die Bauern einwirken. "Zu den Blockaden selbst haben wir aber nie aufgerufen", betonte der Verband. Diese hätten sich eigendynamisch aus den Demonstrationen und Kundgebungen entwickelt.

   Am Montag hatten sich Vertreter des Einzelhandels und der Milchbauern zu einem Sondierungsgespräch getroffen. Inhalte wurden nicht bekannt. Ein weiteres Gespräch sei erst einmal nicht vorgesehen, sagte eine BDM-Sprecherin. Auch ein neues Gespräch mit dem MIV stehe noch aus.

   Den Bauern stehen unterdessen erste Klagen ins Haus. Die Boykotte seien illegal und beträfen auch viele Landwirte, die liefern wollen, sagte MIV-Geschäftsführer Eberhard Hetzner. Auch mit dem Bundeskartellamt droht Ärger: Dieses prüft, ob der Aufruf des BDM zum Lieferstopp möglicherweise als Boykottaufruf zu werten sei. Dies könnte dem Verband Bußgelder in Millionenhöhe einbringen.

   Die Streikbereitschaft der Bauern ist derweil ungebrochen hoch: "Die Bauern sind wütend und wollen so lange weitermachen, bis sich etwas ändert", betonte die BDM-Sprecherin. Rund 70% der Milchviehalter lassen ihre Milch demnach derzeit auf den Höfen. Der BDM dementierte allerdings Medienberichte, wonach auch Einzelhändler ins Visier der Proteste genommen werden sollen.

   In der Schweiz setzten Milchproduzenten mit ihren Protesten unterdessen eine Preiserhöhung durch: Zum 1. Juli erhalten sie pro Kilo Milch sechs Rappen (knapp vier Cent) mehr.

Webseiten: http://www.bdm-verband.de/ http://www.milchindustrie.de http://www.bauernverband.de

DJG/kth (END) Dow Jones Newswires

   June 03, 2008 13:02 ET (17:02 GMT)

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