Gefragte Glitzersteine 05.04.2014 08:00:01

Namibia: Taucher im Diamantenrausch

von Andrea Jeska, Euro am Sonntag

Namibias Glücksritter stecken in Neopren. Fast am ganzen Körper ein Taucheranzug, nur die Füße nackt. Keine Sauerstoffflasche, nur eine Schwimmbrille für bessere Sicht. Und dann ab in die eiskalten Fluten des Atlantiks, der an diesem Abend nur mit kleinen Wellen an den Strand plätschert. Im letzten Tageslicht, aber schon geschützt durch einen leichten Dunstschleier, tauchen die jungen Männer am Strand nahe der Küstenstadt Swakopmund, nach Diamanten. Auf dem Meeresgrund soll die Zukunft von Namibias Reichtum liegen: ­300 Tonnen schönster Glitzersteine.

Eigentlich brauchen die Diamantentaucher eine Konzession. Ohne ein Boot und hochmoderne Technik, mit der - wie mit einem Staubsauger - die Diamanten vom Meeresboden gesaugt werden, ist die nicht zu bekommen. Die jungen Männer, die sich an diesem frühen Abend an den Stränden zwischen den Städten Lüderitz und Swakopmund einfinden und mit nicht viel mehr als einer starken Taschenlampe tauchen gehen, tun dies illegal. Und nur die wenigsten haben das Glück, einen Diamanten zu finden.

Namibia und die Diamanten - das ist eine lange Geschichte. Ihren Anfang nahm sie im April 1908 mit einem Bahnarbeiter namens Zacharias Lewala. Dieser sollte zwischen der Hafenstadt Lüderitz und Au, einem Kaff in der Namib-Wüste, die Eisenbahnstrecke von Treibsand freihalten. Sein Chef hieß August Stauch, ein Bahninspektor aus Pommern mit großem Interesse für Geologie. Er trug seinen Arbeitern auf, nach ungewöhnlichen Steinen Ausschau zu halten. Lewala tat wie geheißen - und fand einen Diamanten.

Deutsch-Südwestafrika, wie das damalige deutsche "Schutzgebiet" hieß, verfiel in einen Diamanten­rausch. Nachdem bekannt geworden war, welche Schätze im Wüstensand lagen, erklärte die deutsche Regierung ein 100 mal 300 Kilometer großes Gelände zum "Sperrgebiet" - ein Begriff, der noch immer gebräuchlich ist.

Hauptspieler im namibischen Dia­mantenhandel ist die Namdeb Holding. 50 Prozent der Anteile gehören dem Staat, die andere Hälfte De Beers Marine, einer Tochtergesellschaft des Luxemburgischen Diamantenkonzerns De Beers. Bereits in der Zeit des Diamantenrauschs vor 100 Jahren hatten sich Diamantengesellschaften gebildet, die Ausbeute, Vertrieb und Verkauf in ihrer Hand hielten. Doch seitdem hat sich die Diamantensuche in Namibia stark verändert.

Nach dem Ersten Weltkrieg sorgte Sir Ernest Oppenheimer dafür, dass die Diamantenfirma De Beers das Monopol bekam. 1920 wurden die Unternehmen, die entlang des Orange River ganz im Süden des ­Landes schürften, zu Consolidated Diamond Mines zusammengeführt. 16 Jahre später wurde die Stadt Oranjemund gebaut, eine reine Bergarbeiterstadt zwischen Wüste und Meer tief im Süden von Namibia.

Kolmanskoppe, der damalige Hauptort der Glückssucher, ist längst eine Geisterstadt. 1956 zogen die letzten Bewohner fort. Das Sperrgebiet aber blieb, umfasst heute fast 27.000 Quadratkilometer und ist ein Nationalpark, der seit 2012 den poetischen Namen Tsau / Khaeb trägt, zu Deutsch: tiefe sandige Erde. ­Namdeb kontrolliert 37 Prozent des Parks, ungefähr 10.014 Quadratkilometer. Innerhalb dieses Gebiets hat die Holding damit begonnen, im Rahmen eines Rehabilitierungsplans die Wunden des bisherigen Abbaus wieder zu verschließen.

Der besondere Schliff
Namibia gehört heute zu den zehn wichtigsten Abbauländern und bestreitet 20 Prozent seiner Exporteinnahmen aus dem Verkauf der Steine. Der Diamantenhandel ist noch immer eine der zukunftsträchtigsten Branchen für Unternehmer in Namibia und wird besonders bei Investoren beworben. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die Qualität der Steine weltweit als eine der besten gilt.

Das Angebot an Juwelieren in Windhuk ist groß und sie alle verkaufen den besonderen namibischen Schliff, genannt Namibian Sun. Die Form, in die der Rohdiamant geschliffen wird, ist der Sonne nachempfunden. Benita Herma, Mitinhaberin des Juweliergeschäfts Herrle & Herma in Windhuk, preist das intensive Funkeln ihrer Diamanten. "Der Schliff fängt und reflektiert mehr Licht. Das hat seinen Preis, namibische Diamanten sind mit die teuersten der Welt."

Rund 450 US-Dollar, so die durchschnittliche Börsennotierung in ­diesem Jahr, kostet ein Karat. Kanadische Steine erzielen gerade einmal die Hälfte. Entsprechend sind es auch nicht mehr die europäischen Touristen, die in Benita Hermas Laden Diamantringe und Colliers erstehen, sondern die neuen Reichen aus China und Indien oder Ehefrauen reicher Saudis.

Namdeb ist der größte Steuerzahler des Landes, der wichtigste Exporteur und der größte Arbeitgeber. 1.800 Menschen arbeiten für die Holding, die meisten davon in Oranjemund. 2012 produzierte Namdeb 600.000 Karat, dadurch wurde ein Umsatz von 260 Millionen US-Dollar, knapp 200 Millionen Euro, erzielt. Die Schätze gelten aber als gefährdet. Die Minen, so sagen es Experten voraus, werden in spätestens drei Jahrzehnten ausgebeutet sein.

Um das Ende hinauszuzögern, wurde das Projekt Namdeb 2050 entwickelt, bei dem es hauptsächlich darum geht, mithilfe ausgefeilter Technologien den Diamanten­abbau auch über sein prognostiziertes Ende hinaus weiterbetreiben zu können. 280 Millionen Dollar werden zurzeit in die Erschließung einer neuen Mine in Sendlingsdrift am Orange River investiert. Zudem hat Namdeb neue Sicherheitsgeräte angeschafft, um den Diamantendiebstahl durch Arbeiter zu unterbinden, und Röntgen- und Ultravioletttechnologie zum Herausfiltern von wertlosem Gestein gekauft.

Lange hat Namibia seine Diamanten als Rohsteine verkauft, erst die Einführung eigener Schleifanlagen führte zur Entwicklung des besonderen Schliffs. Mit seinen funkelnden Edelsteinen wirbt Namibia schon in großen Werbeplakaten am Flughafen: "Nehmen Sie ein Stück Namibia mit heim". An Nachfrage mangelt es laut Benita Herma nicht, am Angebot ebenso wenig. "In anderen Diamanten fördernden Ländern wird ein großer Teil der Steine an die Industrie verkauft. Als Diamantbohrer oder Ähnliches. Namibias Steine sind zu 90 Prozent Schmucksteine."

Gigantische Herausforderung
Vor allem aber wurde das Meer, besonders der Meeresboden, als Quelle neuen Diamantenreichtums entdeckt. Der Abbau dort ist eine gigantische Herausforderung und weltweit einzigartig. In den Gebieten, wo vermutet wird, dass dort ­früher der Orange River mündete, werden riesige Deiche aufgeschoben, hinter denen das Wasser ab­gepumpt wird. Darunter liegt eine Kiesschicht, in der die Diamanten lagern.

Verantwortlich für dieses Off-shoremining ist Namdeb, während Partner De Beers Marine sich auf die Tiefsee konzentriert. Mit sogenannten Seawalkern, Saug- und Aufbereitungsanlagen auf Stelzen, oder mithilfe von Booten, an deren Heck eine Art Staubsauger angebracht ist, wird der Meeresboden abgegrast bis auf seine unterste harte Schicht. Nicht besonders fisch- und plankton-freundlich, aber effektiv.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts musste man sich nur bücken und ein wenig suchen, um die Edelsteine zu finden. Heute ist das nicht mehr möglich: Um Lüderitz warnen Schilder, dass die Diamantensuche per Strafe verboten ist.

Heute wie damals werden mit den glitzernden Objekten der Begierde nur wenige reich. Es verdienen hauptsächlich der Staat, De Beers und die Händler. Für die Juweliere ist es schon schwieriger. Der ständig schwankende Weltmarktpreis, sagt Benita Herma, mache das Geschäft bisweilen unberechenbar. Statt für namibische Rand werden die Steine daher nur für US-Dollar verkauft.

August Stauch wurde mit seinen Diamanten nicht reich, er verlor seinen gesamten Besitz in der Weltwirtschaftskrise 1921 und starb angeblich mit 2,50 Mark in der Tasche. Ob der Entdecker der Steine, Lewala, über seinen Platz in der namibischen Geschichte hinaus einen Finderlohn erhielt, ist nicht bekannt. 

Investor-Info

Namibia
Arm trotz Bodenschätzen

In Namibia leben knapp 2,2 Millionen Menschen, die Hälfte davon unter der Armutsgrenze. Auch wenn nur etwa drei Prozent der Bevölkerung im Bergbausektor arbeiten, ist die Wirtschaft des Landes stark vom Export der Rohstoffe abhängig. Beinahe die Hälfte aller Deviseneinnahmen stammt aus ­diesem Sektor. Das von Angola, Botswana und Südafrika eingeschlossene Land ist weltweit die wichtigste Quelle für hochwertige Diamanten. Zugleich ist die ehemalige deutsche Kolonie der viertgrößte Uranproduzent. Auch Zink, Gold und andere Mineralien werden aus dem namibischen Boden geholt. 

Diamanten
Entstehung und Qualität

Diamanten sind vor Milliarden Jahren aus Kohlenstoff entstanden. Dieser wurde im Erdinneren unter hohem Druck und großer Hitze zu Stein gepresst. Diamanten sind daher etwa 1.170 Mal so hart wie Bergkristall. Später gelangten die Steine bei Vulkanausbrüchen nahe an die Erdoberfläche. Von dort werden sie nun in Minen gefördert. Nur 40 Prozent der Rohdiamanten sind für Schmuck geeignet. Dafür werden die Steine poliert und geschliffen - was ihre ohnehin hohen Preise nochmals steigert. Ausschlaggebend für den Preis von Schmuckdiamanten sind vier Faktoren: das Gewicht (Karat), die Reinheit, der Schliff und die Farbe. Steine, die für Schmuck nicht hochwertig genug sind, gehen an die Industrie. 

Aktien-Investments
Reinrassig oder diversifiziert

Reinrassige Diamantenförderer wie die in Bermuda ansässige Petra Diamonds (ISIN: BMG702781094) mit Minen in Südafrika, Botswana und Tansania sind rar gesät und schwankungsanfällig. Wegen geringer Börsenumsätze nur limitiert ordern! Ein Investment in den Diamantenförderer De Beers ist nur über ­Anglo American möglich. Der südafrikanische Bergbaukonzern, der unter anderem Kohle und Kupfer fördert, ist seit Längerem unter Druck. Ein Einstieg bietet sich nur für mutige Anleger an. 

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Zinkpreis 3 091,00 46,10 1,51
Zinnpreis 28 275,00 987,50 3,62

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