HAMBURG/FRANKFURT (dpa-AFX) - Anleger-Alptraum statt Traumrenditen: Nach der Schieflage von KTG Agrar droht weiteren Besitzern von Mittelstandsanleihen einem Experten zufolge Ungemach. "Ich gehe davon aus, dass auch in den nächsten zwei bis drei Jahren die eine oder andere Mittelstandsanleihe wegen Insolvenz des Emittenten ausfällt", sagte Ralf Garrn, Geschäftsführer von Euler Hermes Rating der Deutschen Presse-Agentur.
Seit Jahresbeginn haben nach seinen Angaben fünf Firmen Insolvenz angemeldet, die insgesamt neun Mittelstandsanleihen auf den Markt gebracht hatten. Tausende Anleger bangen um ihr Geld, unter anderem bei KTG Agrar. Die Hamburger hatten Anfang Juli Insolvenz angemeldet, nachdem die Zinsen für eine Anleihe nicht bezahlt werden konnten.
Mittelstandsanleihen sind Schuldverschreibungen von Unternehmen. Die Papiere verbriefen den Anspruch auf Tilgung und Verzinsung des geliehenen Kapitals. Die Bonds mit einer Stückelung von meist 1000 Euro wenden sich vor allem an Privatanleger. Einige Unternehmen verkaufen ihre Papiere selbst, die meisten werden an Börsen gehandelt.
Von insgesamt 214 Mittelstandsbonds, die seit 2010 angeboten wurden, sind Garrn zufolge bisher 43 ausgefallen: "Mehr als die Hälfte der Papiere hatten bei der Platzierung ein sogenanntes Investment-Grade Rating und damit eine Bewertung, die viel zu gut war, wie sich im Nachhinein herausstellte." Investment-Grade bedeutet, dass das Papier als investitionswürdig beurteilt wird.
Anleger sollten sich nicht von versprochenen Traumrenditen blenden lassen, rät Garrn: "Traumrenditen sind Alptraumrisiken". Ein Warnsignal ist aus seiner Sicht auch, wenn das Unternehmen zwar von einer Ratingagentur bewertet wurde, die Anleihe jedoch nicht. "Das ist ein Zeichen für eine höheres Risiko."
Etwa 85 Firmen müssen Garrn zufolge bis Ende 2018 ihre Anleihen refinanzieren. Zwar seien die Bedingungen derzeit günstig. "Der Bankenmarkt bietet extrem günstige Finanzierungskonditionen". Angesichts der Zinsflaute herrscht zudem Anlagenotstand. Für Unternehmen mit einer schlechten Bewertung durch Ratingagenturen könnte es dennoch schwierig werden.
Garrn empfiehlt bei der Auswahl der Papiere genau hinzuschauen: "In der Vergangenheit sind mehr als 40 Prozent aller Anleihen ausgefallen, bei denen das Papier oder das Unternehmen eine Investment-Grade Bewertung hatte". Bei sogenannten Ramschanleihen - Papiere mit einer schlechten Note von Ratingagenturen - seien es nur 15 Prozent gewesen. "Eigentlich sollte es aber umgekehrt sein."/mar/DP/jha