03.11.2014 19:42:59

Westdeutsche Zeitung: Westdeutsche Zeitung zu: Lokführer-Streiks

Düsseldorf (ots) - Von Annette Ludwig

Sollte der Chef der GDL, Claus Weselsky, die Lokführer tatsächlich in dieser Woche zu einem Megastreik aufrufen - und es sieht ganz danach aus - dann dürfte sich der Machtmensch endgültig aufs Abstellgleis manövrieren. Selbst den letzten verbliebenen Sympathisanten dürften die Argumente ausgehen, warum dieser Streik noch notwendig ist. Offenbar hat sich die Bahn in den jüngsten Spitzengesprächen selbst in dem umstrittenen Punkt der Verhandlungsmacht für die Zugbegleiter auf die GDL zubewegt. Doch kurz vor dem erhofften Durchbruch machte GDL-Chef Weselsky offenbar einen Rückzieher und ließ die Gespräche platzen. Eine Taktik, die er bereits bei den Tarifverhandlungen 2012 mit der Bahn praktiziert hat. Dieses Vorgehen hat nichts mehr mit klassischen Tarifverhandlungen zu tun, nichts mit der Frage nach mehr Lohn, und inzwischen wohl auch nichts mehr mit der Frage, ob die GDL auch für Zugbegleiter verhandeln darf. Hier geht es einzig und allein darum, ob der egozentrische Herr Weselsky seine Alles-oder-nichts-Denke durchsetzen kann. Dass am Ende von Verhandlungen in der Regel ein Kompromiss steht, scheint für ihn ausgeschlossen. Dieser Mann, der von sich selbst sagt, es sei "beeindruckend, Macht zu haben", missbraucht eben jene. Er schadet damit nicht nur dem Ansehen der Lokführer, sondern dem Ansehen der Gewerkschaften in Deutschland insgesamt. Selbst der Chef der IG Metall, Detlef Wetzel, nennt das Vorgehen der GDL "undemokratisch" und spricht vom "Tod der Gewerkschaftsbewegung". Und Weselsky missbraucht für sein Ansinnen obendrein Millionen von Bahn-Kunden, die bei den Streiks auf der Strecke bleiben. Es sieht ganz danach aus, als dass die GDL auch deshalb so kompromisslos nach vorne prescht, weil die Bundesregierung das Gesetz zur Tarifeinheit auf den Weg bringt. Also wollen sich die Lokführer noch schnell die Verhandlungsmacht für die Zugbegleiter sichern, bevor das Gesetz da einen Riegel vorschiebt. Dieses Kalkül könnte sogar aufgehen, leider. Denn offenbar ist weit und breit kein Mensch in Sicht, der Claus Weselsky jetzt noch zum Einlenken bringen könnte.

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