Warnstreik 02.12.2024 11:13:00

VW-Aktie unter Druck: Flächendeckender Streik bei Volkswagen - Tausende Jobs in Österreich abhänging

VW-Aktie unter Druck: Flächendeckender Streik bei Volkswagen - Tausende Jobs in Österreich abhänging

Beginnen soll der Ausstand um 9.30 Uhr in Zwickau, ab 10.00 Uhr folgen Wolfsburg und weitere Standorte, wie die Gewerkschaft mitteilte. Betroffen sind neben Zwickau und Wolfsburg die Werke in Hannover, Emden, Kassel-Baunatal, Braunschweig, Salzgitter und Chemnitz sowie die "Gläserne Manufaktur" in Dresden.

In allen betroffenen Fabriken werde die Produktion "temporär auf Eis liegen", kündigte Niedersachsens IG-Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger an. Beginnen soll der Ausstand an den meisten Standorten zeitgleich mit Wolfsburg um 10.00 Uhr, Dresden und Kassel-Baunatal folgen um 12.00 Uhr und 12.30 Uhr.

Der Warnstreik werde jeweils rund zwei Stunden dauern und danach in jeder Schicht wiederholt werden, sagte ein Sprecher. Dazwischen werde normal produziert.

IG Metall: "Wenn nötig, einer der härtesten Konflikte"

Erst am Wochenende war bei Europas größtem Autobauer die Friedenspflicht ausgelaufen, in der Arbeitskämpfe nicht erlaubt waren. "Nun folgen Warnstreiks, die das Unternehmen nicht übersehen kann", sagte Gröger. "Wenn nötig, wird das einer der härtesten Konflikte, den Volkswagen je gesehen hat."

In Wolfsburg ist am Vormittag eine Kundgebung direkt am Vorstandshochhaus geplant, auf der Verhandlungsführer Gröger und Betriebsratschefin Daniela Cavallo sprechen wollen. Weitere Kundgebungen soll es unter anderem in Zwickau, Emden, Chemnitz, Dresden und Salzgitter geben, in Hannover und Braunschweig mit vorherigen Demonstrationszügen.

Volkswagen (VW) will Löhne kürzen

In dem Konflikt geht es um die Bezahlung der rund 120.000 Beschäftigten in den Werken der Volkswagen AG, wo ein eigener Haustarif gilt. Hinzu kommen mehr als 10.000 Mitarbeiter bei VW Sachsen, für die 2021 eine Angleichung an den Haustarif vereinbart wurde.

VW lehnt bisher jede Erhöhung ab und fordert wegen der schwierigen Lage des Konzerns stattdessen zehn Prozent Lohnkürzung. Auch Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen stehen im Raum. Am 9. Dezember treffen sich beide Seiten zur nächsten Tarifrunde.

"Am Verhandlungstisch war Volkswagen nicht zu einer tragfähigen Lösung des Tarifkonflikts bereit", sagte der für Berlin, Brandenburg und Sachsen zuständige IG-Metall-Bezirksleiter Dirk Schulze. "Daher müssen Warnstreiks den Druck auf das Management erhöhen."

Ausfall von mehr als tausend Fahrzeugen

Nach Angaben aus Gewerkschaftskreisen dürfte der zweistündige Warnstreik zu einem Ausfall von mehr als tausend Fahrzeugen führen, die nicht gebaut werden könnten. Volkswagen hat nach eigenen Angaben Vorkehrungen getroffen, um die Auswirkungen der befristeten Arbeitsniederlegungen gering zu halten. Das Unternehmen habe gezielt Maßnahmen ergriffen, die eine Notversorgung sicherstellten, hieß es.

Keine Warnstreiks gibt es heute in Osnabrück. Das um seine Zukunft bangende VW-Werk fällt als einziger deutscher VW-Standort nicht unter den Haustarif, um den derzeit gerungen wird. Dort war es bereits im Tarifkonflikt für die Metall- und Elektroindustrie zu Warnstreiks gekommen.

Mehr als 50.000 bei Warnstreikwelle 2018

Flächendeckende Warnstreiks an allen großen Werken in Westdeutschland gab es zuletzt 2018. Nach Angaben der IG Metall beteiligten sich damals mehr als 50.000 Beschäftigte in Wolfsburg, Hannover, Emden, Kassel-Baunatal, Braunschweig und Salzgitter. Für die Werke in Zwickau, Chemnitz und Dresden wurde erst 2021 eine stufenweise Angleichung an den Haustarif bis 2027 vereinbart.

Auto-Krise - 6.300 Jobs in Österreich direkt von VW abhängig

In Österreich beliefern 135 Firmen deutsche VW-Werke, wobei 6.300 Jobs direkt von VW-Aufträgen abhängig sind. Die meisten dieser Unternehmen befinden sich im Automobil-Cluster in Oberösterreich und der Steiermark, geht aus einer aktuellen Studie von ASCII, Logistikum der Fachhochschule OÖ und des Complexity Science Hub (CSH) hervor.

Die Krise beim deutschen Autobauer wirkt sich demzufolge kurzfristig besonders auf Komponentenhersteller aus, Maschinenzulieferer hingegen werden eher langfristige Einbußen verzeichnen. Die österreichische Autoindustrie produziert laut Studie jährlich Waren im Wert von 28,5 Mrd. Euro, von denen 85 Prozent exportiert werden. 65 Prozent davon nach Deutschland.

"Letztlich ist die derzeitige Krise bei VW nur die Spitze des Eisbergs. EU-weite, strukturelle Reformen und eine eindeutige Prioritätensetzung sind nötig, um weitreichende Wertschöpfungsverluste in der gesamten Branche zu verhindern und um beim nächsten Technologiesprung den Abstand zu China zu verkleinern", so Markus Gerschberger, Stellvertretender Direktor des ASCII.

Dazu zählten die Reduzierung der Energiekosten, zunehmende Automatisierungen und die Forcierung der technologischen Wettbewerbsfähigkeit, meinte er in der am Montag veröffentlichten Studie.

VW-Aktien wegen Warnstreik in deutschen Werken schwächer

Von Vorsicht könnte am Montag die Haltung am Markt zur VW-Aktie geprägt sein. Denn zum Wochenbeginn wird in allen deutschen Werken die Arbeit befristet niedergelegt. Via XETRA verliert die VW-Aktie zeitweise 0,50 Prozent auf 80,32 Euro.

Analyst Philippe Houchois von der US-Investmentbank Jefferies hatte etwaige Belastungen aus einem Stellenabbau und einer Umstrukturierung bei Volkswagen auf 2,5 bis 4 Milliarden Euro geschätzt. Die entsprechenden Mittelabflüsse dürften in den kommenden beiden Jahren stattfinden, so der Experte in einer Studie. Nach Treffen mit dem Management der Wolfsburger habe er den Eindruck, dass es keinen "Plan B" gebe als Alternative zu den Forderungen der Konzernführung.

VW-Betriebsrat fordert Beitrag von Familien Porsche und Piech

Die Arbeitnehmervertreter von VW fordern inmitten des festgefahrenen Tarifkonflikts einen Beitrag der Ankeraktionäre. "Volkswagen war in jüngster Zeit eine Riesen-Gewinnmaschine. Und dementsprechend hoch war auch die Dividende", sagte VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo während der Warnstreik-Kundgebung vor dem Markenhochhaus im Stammwerk. Aber diese Gewinnmaschine laufe jetzt Gefahr, ins Stottern zu geraten. "Wir verlangen, dass alle ihren Beitrag leisten. Auch der Vorstand. Und eben auch die Aktionärsseite", so Cavallo.

Das Land Niedersachsen, der zweitgrößte Anker-Aktionär, habe über Ministerpräsident und VW-Aufsichtsrat Stephan Weil erklärt, dass die Dividende für das Land Niedersachsen nicht die oberste Priorität habe, so Cavallo laut Redetext. "Meine Erwartungshaltung ist, dass diese Einstellung auch bei den anderen Hauptaktionären vorhanden ist", forderte sie.

Für die nächste Verhandlungsrunde im Tarifkonflikt am 9. Dezember rechnet die Betriebsratschefin eine Weichenstellung: "Annäherung oder Eskalation? Leider sind die Zeichen, die der Vorstand in jüngster Zeit gesendet hat, nicht wirklich erfreulich", ergänzte Cavallo. Wichtig sei, so IG Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger in seiner Rede an die VW-Belegschaft, dass die kommende Woche endlich Bewegung bringen müsse. "Und unser Gesamtkonzept (...) kann nur fliegen, wenn eben der Vorstand und die Aktionäre auch einen Beitrag leisten - und wir erwarten, dass Werksschließungen und Massenentlassungen endlich vom Tisch kommen und wir eine neue Beschäftigungssicherung haben."

Volkswagen liegt seit Wochen mit der Arbeitnehmerseite im Clinch. Der Konzern will umfassende Kostensenkungen im Inlandsgeschäft umsetzen und will neben einschneidenden Lohnkürzungen auch Werke schließen - für die Arbeitnehmervertreter eine rote Linie. Am Wochenende ist die Friedenspflicht ausgelaufen, am heutigen Montag sind Warnstreiks an diversen Standorten angelaufen.

(dpa-AFX)/APA/DOW JONES

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