11.09.2007 10:24:00

Steinbrück: Bislang keine Anzeichen für ernsthafte Eintrübung

BERLIN (Dow Jones)--Bundesfinanzminister Peer Steinbrück sieht die deutsche Volkswirtschaft vor dem Hintergrund der jüngsten Finanzkrise weiter in guter Verfassung. "Was die weitere wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland angeht, sehe ich - wie übrigens die Mehrzahl der Wirtschaftsforschungsinstitute - keine Anzeichen für eine ernsthafte Eintrübung. Um die deutsche Konjunktur steht es nach wie vor gut", erklärte Steinbrück am Dienstag bei der Einbringung des Budgetentwurfs für 2008 im Deutschen Bundestag in Berlin laut seinem Redemanuskript. Der Etatentwurf sieht Ausgaben von 283,2 Mrd EUR bei einer Nettokreditaufnahme von 12,9 Mrd EUR vor.

   In seiner Rede unter dem Motto "langfristige Rendite statt kurzfristigem Rausch" sprach sich Steinbrück gegen kurzfristige Steuersenkungen aus. "Steuersenkungen auf Pump gehört nicht zu meiner Definition einer gerechten Gesellschaft", betonte er. Erstens sei die Staatsverschuldung generell die größte Umverteilung von unten nach oben, und zweitens seien Steuersenkungen auf Pump nicht generationengerecht. Nötig sei vielmehr eine solide Haushaltspolitik, verbunden mit mehr Zukunftsinvestitionen, vor allem in Bildung, Forschung und in die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

   Steinbrück bekräftigte, 2007 liege das Defizit bei rund 0,5% des Bruttoinlandsproduktes. "Die wieder gewonnene Stärke der deutschen Volkswirtschaft wird eindrucksvoll dadurch belegt, wie sie die konjunkturell unzweifelhaft belastenden Wirkungen der Mehrwertsteuererhöhung weggesteckt hat", erklärte er. Gut acht Monate nach ihrem Inkrafttreten seien alle "Horrorszenarien" über die negativen Auswirkungen zerplatzt.

   Die Bundesregierung werde ihre bisherige wirtschafts- und finanzpolitische Strategie fortsetzen, kündigte der Finanzminister an. Dass dieser Kurs nicht zur Disposition stehe, sei auch bei der Kabinettklausur in Meseberg durch zwei wichtige und klare Beschlüsse unterstrichen worden: Erstens behalte die Haushaltskonsolidierung "überragende Bedeutung", und zweitens bildeten der Bundeshaushalt 2008 und die Finanzplanung bis 2011 den "unverrückbaren Mindestrahmen" für alle kostenwirksamen Vorschläge.

   "Finanzielle Spielräume für neue Maßnahmen ergeben sich dann, wenn es gegenüber den bisherigen Schätzungen zusätzliche Steuermehreinnahmen geben sollte", erklärte er. Von diesen werde die Regierung "einen überwiegenden Teil zur beschleunigten Rückführung der Nettokreditaufnahme verwenden, aber auch dem Gestaltungsanspruch der Koalition folgen".

   Der von Steinbrück eingebrachte Etatentwurf sieht mit Ausgaben von 283,2 Mrd EUR eine Steigerung um 12,7 Mrd EUR oder 4,7% gegenüber diesem Jahr vor. Von dem Anstieg entfallen 6,1 Mrd EUR auf einen Zuschuss für die Postunterstützungskasse, nachdem die auf zwei Jahre geplanten Einnahmen aus einer Forderungsverbriefung hierfür ausgelaufen sind. Erhöhte Zinsausgaben schlagen mit 2,8 Mrd EUR zu Buche und der jährliche Anteil aus dem Investitionsprogramm von 9,7 Mrd EUR mit gut 2 Mrd EUR. Eine Mrd EUR an einmaligen Zusatzkosten entstehen aus einer Überlappung von neuem Elterngeld und bisherigem Erziehungsgeld.

   Für 2008 ist eine Nettokreditaufnahme (NKA) von 12,9 Mrd EUR, für 2009 von 10,5 Mrd EUR und für 2010 von 6 Mrd EUR eingeplant, bevor sie 2011 bei Null liegen soll. Nach den Planungen will der Bund von 2008 bis zum Budgetausgleich 2011 neue Kredite über insgesamt 29,4 Mrd EUR aufnehmen. Das sind 65% bzw. 54,1 Mrd EUR weniger als bislang in der mittelfristigen Finanzplanung mit einem NKA-Volumen von insgesamt 83,5 Mrd EUR veranschlagt worden waren. Die durchschnittliche Ausgabensteigerung bis 2011 soll lediglich 1,7% betragen. 2009 sind Ausgaben von 285,5 Mrd EUR geplant, 2010 von 288,5 Mrd EUR und 2011 von 289,7 Mrd EUR.

   Die Haushaltsexperten von Union und SPD haben allerdings bereits erklärt, die von der Bundesregierung in ihrem Budgetentwurf 2008 vorgesehene Neuverschuldung von 12,9 Mrd EUR solle noch verringert werden. Steinbrück hat gesagt, der gesamtstaatliche Haushalt werde 2008 "erkennbar" im Plus sein. Offiziell hatte die Regierung bisher einen ausgeglichenen Haushalt von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen für 2010 angekündigt. Der Bundeshaushalt soll nach Steinbrücks bisherigen Planungen spätestens 2011 kein Minus mehr ausweisen.

   Die in dem Budgetentwurf aufgeführten Mehraufwendungen bis 2011, die die dort genannte Neuverschuldung von 29,4 Mrd EUR notwendig machen, resultieren vor allem aus dem neuen Zuschuss zur gesetzlichen Krankenversicherung und der Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft der Bezieher von Arbeitslosengeld II. Enthalten ist außerdem ein Betrag von 9,7 Mrd EUR bis 2011 für Investitionen in Zukunftsfelder. Auf der Einnahmenseite ist der Bundesbankgewinn mit 3,5 Mrd EUR veranschlagt. Diese Höchstsumme für die Verwendung des Gewinns im Haushalt ist gesetzlich vorgegeben.

   Steinbrück rechnet zudem nach früheren Angaben aus dem Bundesfinanzministerium (BMF) mit Privatisierungseinnahmen von 10,7 Mrd EUR. Laut dem Budgetentwurf sollen sich die Privatisierungen wie üblich nach den Marktbedingungen richten. Generell sollen diese nach BMF-Planungen weiter zurückgeführt werden und 2011 bei 6,5 Mrd EUR liegen. Die Steuereinnahmen sollen nach der Planung stetig steigen und 2008 bei 237,1 Mrd EUR, 2009 bei 247,9 Mrd EUR, 2010 bei 252,6 Mrd EUR und 2011 bei 260,3 Mrd EUR liegen. Anders als in den Annahmen des Arbeitskreises Steuerschätzungen, der in seiner Schätzung im Mai auf höhere Werte gekommen war, sind hierin bereits Einnahmeausfälle auf Grund der Unternehmensteuerreform berücksichtigt. -Von Andreas Kißler, Dow Jones Newswires, +49 (0)30 - 2888 4118,

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