13.10.2014 17:24:30

SPD-Linke stellt schwarze Null in Frage

   Von Andreas Kißler und Stefan Lange

   BERLIN--Der linke Flügel der SPD hat am Montag das Ziel der Großen Koalition, im kommenden Jahr die schwarze Null im Bundeshaushalt zu erreichen, offen kritisiert und ein Ausnutzen möglicher Verschuldungsspielräume gefordert. "Die schwarze Null darf nicht zum Selbstzweck werden", sagte der Sprecher der Parlamentarischen Linken in der SPD-Fraktion, Carsten Sieling, dem Wall Street Journal Deutschland. "Das wird auch in weiten Teilen der SPD so gesehen."

   Sparpolitik müsse Sinn machen - aber "im Moment kostet sie Wirtschaftskraft," meinte der SPD-Finanzpolitiker. Anstatt "wirtschaftlich unvernünftiger Selbstbeschränkungen" seien Investitionen in die Straßen und Schulen notwendig. "Die Bundesregierung muss die Spielräume nutzen, die uns die Schuldenbremse schon heute gibt", verlangte Sieling deshalb.

   Deutschland hatte sich erst am Wochenende bei der Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds in Washington Kritik an seiner rigorosen Sparpolitik gegenübergesehen. Regierungssprecher Steffen Seibert wies allerdings am Montag Forderungen nach einer Kurskorrektur vehement zurück. "Für unser Land ist ein ausgeglichener Haushalt, wie wir ihn im nächsten Jahr anstreben, von hohem Wert", sagte Seibert in Berlin. Das sei wichtig für das Vertrauen in die Politik und für künftige Generationen, denen keine neuen Lasten aufgeladen werden dürften. "Insofern ist das der Kurs, den die Bundesregierung beibehält".

   Auch CDU-Generalsekretär Peter Tauber sang ein Loblied auf die schwarze Null. "Wir sehen und lesen natürlich die Prognosen der verschiedenen Wirtschaftsinstitute", sagte der CDU-Politiker nach einer Sitzung von Bundesvorstand und Präsidium in Berlin. Es gebe an vielen Stellen dieser Welt Ereignisse, "die nicht unbedingt Konjunkturlokomotiven" seien.

   Von daher müsse man sich intensiv mit der Frage der Wettbewerbsfähigkeit befassen, sagte Tauber. In den Spitzengremien der Partei sei aber deutlich geworden, dass eine solide Haushaltspolitik ein Baustein für Wettbewerbsfähigkeit sei. Und dazu gehöre eben auch ein Haushalt "ohne neue Schulden". Tauber zeigte sich verwundert, "dass die Wirtschaftsinstitute vor zwei Jahren noch gesagt haben, das Erreichen dieses Zieles wäre ein wichtiger Schritt, um auf Dauer Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, und heute etwas anderes erzählen."

   Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute hatten am vergangenen Donnerstag in ihrem Herbstgutachten offen die schwarze Null zur Disposition gestellt. "Auch nutzt die Bundesregierung ihren finanziellen Spielraum zu wenig für investive Zwecke", monierten die Ökonomen dort. Als Teil des Problems werteten sie Schäubles Politik der schwarzen Null, die sie als "Prestigeobjekt" kritisierten. Einige von ihnen hielten "die schwarze Null aus ökonomischer Sicht zurzeit nicht für angebracht", andere betonten, Überschüsse beim nominalen Finanzierungssaldo würden "der aktuellen konjunkturellen Situation nicht gerecht".

   Schäuble will im nächsten Jahr einen leichten Überschuss im Haushalt erzielen. Er wäre damit der erste Finanzminister seit Franz Josef Strauß im Jahr 1969, der das Ziel eines Bundeshaushaltes ohne neue Schulden erreicht. In struktureller Betrachtung, für die man Einmalposten und Konjunktureffekte herausrechnet, soll ihm der Budgetausgleich laut seiner Planung sogar schon in diesem Jahr gelingen.

   Viele Wissenschaftler sagen, geht Schäuble wie geplant darüber hinaus, richtet er mehr Schaden an, als er an Nutzen schafft. Nach der Schuldenbremse dürfte die Regierung neue Schulden in Höhe von 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung aufnehmen, ohne gegen die grundgesetzlichen Regeln zu verstoßen.

   Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

   DJG/ank/smh

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   October 13, 2014 10:54 ET (14:54 GMT)

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