30.12.2015 13:45:39

ROUNDUP: Länder machen Schäuble Druck bei Neuordnung der Finanzbeziehungen

WIESBADEN/BERLIN (dpa-AFX) - Im zähen Ringen um eine Neuordnung ihrer Finanzbeziehungen mit dem Bund erhöhen die Länder den Druck auf den Bund. Wegen der bald beginnenden Wahlkämpfe fordern sie Planungssicherheit und dringen auf eine schnelle Einigung mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Anfang 2016. Sonst würden weitere Verhandlungen schwierig, warnten mehrere Ministerpräsidenten und Finanzminister im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Schon im März wird in drei Bundesländern gewählt.

"Eine bessere Situation als jetzt, dieses sehr schwierige Thema zu lösen, sehe ich in den nächsten Jahren nicht mehr", sagte Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU). "Das weiß auch der Bundesfinanzminister. Deshalb bin ich auch ganz zuversichtlich, dass wir in den nächsten zwei Monaten eine Lösung finden werden." 2016 gebe es fünf Wahlen. "Im Jahr darauf sind es noch mal zwei, dann kommt die Bundestagswahl. Egal, was dann dabei heraus kommt. Dass noch mal eine gemeinsame Abstimmung von 16 Bundesländern gelingt, da muss man viel Glück haben."

Die Länder hatten sich Anfang Dezember nach langen Verhandlungen auf eine gemeinsame Linie verständigt. Die Umverteilung zwischen reichen und armen Ländern soll ab 2020 völlig umgestellt, der seit Jahren umstrittene Länderfinanzausgleich durch ein Umsatzsteuermodell ersetzt werden. Der Bund soll demnach ab 2020 jährlich knapp 9,7 Milliarden Euro Kompensationszahlungen leisten. Er hat bisher allerdings nur 8,5 Milliarden Euro angeboten.

Die Finanzbeziehungen von Bund und Ländern müssen neu geordnet werden, da 2019 der Länderfinanzausgleich und der Solidarpakt II auslaufen.

Bayerns Regierungschef Horst Seehofer (CSU) erklärte, die 8,5 Millionen Euro des Bundes seien auf Grundlage der Steuereinnahmen des Jahres 2014 berechnet worden. Die Ministerpräsidenten hätten hingegen mit den erwarteten Steuereinnahmen des Jahres 2019 gerechnet. Die Differenz sei keine unüberbrückbare Lücke. "Wir werden noch ein paar Wochen brauchen im neuen Jahr", sagte Seehofer. "Aber von der Sache her bin ich außerordentlich zuversichtlich."

Die Länder zeigen allerdings wenig Bereitschaft, dem Bund entgegenzukommen. "Dieser Kompromiss ist so in seiner Gesamtheit wie in allen Einzelheiten unveränderbar", sagte Sachsens Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU). "Wenn man da an einer Stelle zieht - das ist so ein komplexes Gebilde -, dann sind wir wieder bei Null, auf Start."

Auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Brandenburgs Landesvater Dietmar Woidke (beide SPD) sehen nach eigenen Worten keinen weiteren Verhandlungsspielraum. Laut Berlins Regierungschef Michael Müller (SPD) müssten die Länder individuell mit dem Bund verhandeln, wenn keine Einigung gelingt. "Das ist eine Situation, die sich auch der Bund nicht wünschen kann." Auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff riet dringend dazu, den Kompromiss eins zu eins zu übernehmen. "Die Ressourcen wären nach unserer Meinung da", sagte der CDU-Politiker.

"Die Einigung der Länder war extrem schwierig und ist auf Kante genäht", mahnte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). "Das ist ein höchst filigraner Kompromiss, an dem hat man jahrelang gearbeitet." Wie Kretschmann geht auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) von einem Einlenken Schäubles aus, schließlich sei er in die Gespräche eingebunden gewesen: "Er wird deshalb nicht aus allen Wolken gefallen sein, als er hörte, dass es für den Bund teurer wird."

"Wenn die Einigung nicht den kommenden Wahlkämpfen zum Opfer fallen soll, muss der Sack schnell zugebunden werden", sagte die Kieler Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) der Deutschen Presse-Agentur. Laut Sellering war schon die späte Einigung der Länder maßgeblich der Erkenntnis geschuldet, dass es die wohl letzte Chance auf eine einvernehmliche Lösung im Streit um den Finanzausgleich sei. "Die Steuereinnahmen laufen gut", sagte der SPD-Politiker. "Wer weiß, wie es in einem halben Jahr um die Finanzen steht."/glb/fi/mow/bg/mk/DP/men

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