08.01.2008 18:39:00
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ROUNDUP 2: Kassen erwarten Rekordbeiträge - Unionsminister für späteren Fonds
BERLIN (dpa-AFX) - Auf Millionen Krankenversicherte kommt zum Start des Gesundheitsfonds 2009 nach Prognosen mehrerer Krankenkassen ein Beitragssatz in Rekordhöhe von bis zu 15,5 Prozent zu. Befürchtet werden Zusatzbelastungen von hunderten Euro jährlich für viele Versicherte. Die Sozialministerinnen Bayerns und Baden-Württembergs, Christa Stewens (CSU) und Monika Stolz (CDU), schlugen eine Verschiebung des für Anfang 2009 geplanten Fonds vor. SPD-Experte Karl Lauterbach forderte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, den Fonds zu stoppen. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hält am Start der neuen Geldsammelstelle fest, die mit der jüngsten Gesundheitsreform nach monatelangem Streit beschlossen wurde.
"Ich halte einen bundesweit einheitlichen Beitragssatz von 15,5 Prozent für das Jahr 2009 für durchaus plausibel", sagte der Vorstandsvorsitzende der Barmer Ersatzkasse, Johannes Vöcking, der "Süddeutschen Zeitung" ("SZ"/Dienstag). Derzeit liegt er im Schnitt bei 14,8 Prozent. Der Ersatzkassenverband VdAK erwartet eine Steigerung der Beitragsbelastungen gesetzlich Versicherter auf mindestens 15 Prozent, ebenso der Chef der Techniker Krankenkasse, Norbert Klusen. Der Vorsitzende der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH), Ingo Kailuweit, sagte der "Bild"-Zeitung, 15,5 Prozent seien realistisch.
Der VdAK-Vorsitzende Thomas Ballast sagte der dpa, zu den Hauptgründen für das Beitragsplus zählten eine höhere ärztliche Honorierung, mehr Geld für Krankenhäuser und Mehrkosten für Arzneimittel. "Die Einnahmen werden dagegen nicht in dem Maß steigen", sagte Ballast.
Verbraucherminister Horst Seehofer (CSU) kritisierte die Debatte im BR als abenteuerlich und zugrundeliegende Berechnungen als "Mondrechnungen". Der Vizechef der Unionsfraktion Wolfgang Zöller (CSU) forderte die Kassen-Aufsichten in der "Leipziger Volkszeitung" auf, den Versicherungen 2008 genau auf die Finger zu schauen. Zöller äußerte den Verdacht, dass manche Kassen ihre Beiträge stärker als notwendig anheben wollen, um beim Start des Gesundheitsfonds Rücklagen zu haben.
Bayerns Fachministerin Stewens sagte in der "Welt" (Mittwoch): "Solange die Auswirkungen des Gesundheitsfonds nicht im Detail geklärt sind, steht die Verschiebung im Raum." Ihre Baden- Württembergische Kollegin Stolz forderte in der "Stuttgarter Zeitung": "Wenn wir nicht wissen, wie die Finanzwirkungen des Gesundheitsfonds sein werden, müssen wir auch über eine Verschiebung nachdenken." Lauterbach sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger": "Frau Merkel hat den Gesundheitsfonds gewollt, Frau Merkel hat den einheitlichen Beitragssatz gewollt, an Frau Merkel liegt es also auch, beides zu stoppen."
Ulla Schmidts Sprecher Klaus Vater versicherte, der Fonds starte zum 1. Januar 2009. SPD-Fraktionsvize Elke Ferner sagte dem "Tagesspiegel", der Fondsstart sei nicht gefährdet. Ähnlich äußerte sich Zöller. VdAK-Chef Ballast sagte, ein Beitragsplus gehe nicht primär auf den Fonds zurück.
Im Hinblick auf den Fonds legt das Bundesgesundheitsministerium den Beitragssatz für alle Kassen zum 1. November 2008 erstmals einheitlich fest. Kommt eine Kasse mit dem Geld aus dem Fonds ab 2009 dann nicht aus, kann sie Zusatzbeiträge erheben, andernfalls Boni ausschütten. Laut einer am Montag veröffentlichten Untersuchung müssen rund 44 Millionen Kassen-Mitglieder bis zu 59 Euro im Monat mehr zahlen. Das Gesundheitsressort bestritt die Berechnungen. Für den Vorsitzenden des zuständigen Sachverständigenrats, Eberhard Wille, ist die Prognose dagegen laut "SZ" "in der Tendenz richtig".
Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Ludwig Georg Braun, forderte in der "Bild"-Zeitung, auf das "Fehlkonstrukt" Fonds zu verzichten. Auch der Sozialverband Deutschland und FDP-Gesundheitsexperte Daniel Bahr forderten einen Stopp des Fonds. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) sieht durch höhere Beiträge "mehrere zehntausend Jobs" in Gefahr. Grünen- Chef Reinhard Bütikofer warf der Koalition in der Gesundheitspolitik "Hilflosigkeit" vor. /bw/DP/sb
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