11.07.2018 23:17:42
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Rheinische Post: Kommentar / Zschäpe hat die Republik verhöhnt = VON HENNING RASCHE
Düsseldorf (ots) - Enver Simsek, ermordet am 9. September 2000 in
Nürnberg. Abdurrahim Özüdogru, ermordet am 13. Juni 2001 in Nürnberg.
Süleyman Tasköprü, ermordet am 27. Juni 2001 in Hamburg. Habil Kilic,
ermordet am 29. August 2001 in München. Mehmet Turgut, ermordet am
25. Februar 2004 in Rostock. Ismail Yasar, ermordet am 9. Juni 2005
in Nürnberg. Thodoros Boulgarides, ermordet am 15. Juni 2005 in
München. Mehmet Kubasik, ermordet am 4. April 2006 in Dortmund. Halit
Yozgat, ermordet am 6. April 2006 in Kassel. Michèle Kiesewetter,
ermordet am 25. April 2007 in Heilbronn. Zehn Menschen. Zehn
Geschichten. Zehn Hoffnungen. Zehn Familien. Zehn Namen. Der
selbsternannte "Nationalsozialistische Untergrund" (NSU) hat diesen
zehn Menschen das Leben genommen. Die drei Rechtsterroristen töteten
diese zehn Menschen aus blankem Hass. Sie brachen in das Leben dieser
zehn rechtschaffenen Bürger ein, ohne Vorwarnung und ohne erkennbaren
Anlass. Sie trafen sie an ihren Arbeitsplätzen, an Imbissen,
Gemüsegeschäften, am Blumenstand. Sie löschten diesen zehn Menschen
das Licht der Hoffnung aus. Sie nahmen ihren Familien die gemeinsame
Zukunft. Einfach so. Weil Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate
Zschäpe Menschen nach der Herkunft sortierten. Sie schwangen sich zu
Richtern über den Lebenswert eines Menschen auf. So wie es einst die
Nazis taten. Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe verdienen daher die
Verachtung der deutschen Gesellschaft und des deutschen
Rechtsstaates. Es ist von bemerkenswerter Klarheit, dass das
Oberlandesgericht München Beate Zschäpe als Terroristin und
Mittäterin unter anderem wegen zehnfachen Mordes zu lebenslanger Haft
verurteilt hat. Zschäpe war, das haben knapp fünfeinhalb Jahre
Verhandlung gezeigt, keineswegs die stille Haushaltshilfe für die
mordenden Uwes. Sie war eine gleichberechtigte Partnerin in diesem
Trio des Todes. Sie hielt Böhnhardt und Mundlos nicht bloß den Rücken
frei, sie trieb die abartigen NSU-Pläne wesentlich voran. Zschäpes
Auftritt vor Gericht zeugt von einer beschämenden Unmenschlichkeit.
Mit ihrem Schweigen, ihrem Wegducken, ihrem Verstecken und ihren
unfassbaren Taten hat sie die Bundesrepublik Deutschland verhöhnt.
Sie hat alle Werte, auf die sich dieses Land geeinigt hat, mit Füßen
getreten. Die lange Zeit im Gefängnis hat sich Beate Zschäpe mit
ihrer Schamlosikgeit erarbeitet. Dieser Prozess ist für die deutsche
Gesellschaft von enormer Bedeutung. Sie muss sich mit den
rechtsextremistischen Umtrieben in diesem Land auseinandersetzen. Sie
muss verstehen, dass Rechtsradikalismus ein gegenwärtiges, ein leider
akutes Problem ist. Ein Problem, das tödlich sein kann. Es war
unumgänglich, dass dieser Prozess so teuer war und so lange gedauert
hat. Das Gericht muss jeden Fehler vermeiden, damit der
Bundesgerichtshof in der angekündigten Revision das Urteil nicht in
der Luft zerpflückt. Nicht alles an diesem Urteil befriedet. Warum
etwa bekommt André E., für den die Bundesanwaltschaft wegen Beihilfe
zum Mord zwölf Jahre Haft gefordert hat, und der "Die Jew Die"
("Stirb Jude stirb") auf seinem Bauch tätowiert hat, bloß zwei Jahre
und sechs Monate Haft? Warum muss Ralf Wohlleben, ein überzeugter
Neonazi, eine wesentliche Stütze des NSU-Trios, bloß zehn Jahre in
Haft? Warum kommt auch Holger G. mit drei Jahren durchaus glimpflich
davon? Das Oberlandesgericht München hat mehr als eineinhalb Jahre
Zeit, das schriftliche Urteil zu verfassen. Es wird interessant,
welche Erwägungen und Begründungen sich darin finden werden.
Rechtssicherheit über die verkündeten Urteile gegen den NSU gibt es
also so schnell nicht. Die noch immer offenen Fragen nach weiteren
Unterstützern und nach unerklärlichen Fehlern bei den Ermittlungen
müssen dringend und umfassend beantwortet werden. Das ist die
Bundesrepublik den zehn ermordeten Menschen, den zehn ausgelöschten
Hoffnungen, den zehn zerstörten Familien schuldig.
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OTS: Rheinische Post newsroom: http://www.presseportal.de/nr/30621 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_30621.rss2
Pressekontakt: Rheinische Post Redaktion
Telefon: (0211) 505-2621
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