28.11.2016 20:36:40

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Börsen-Zeitung: Hoffentlich nie, Kommentar zum Clearing-Notfallplan

der EU von Dietegen Müller

Frankfurt (ots) - Es gibt Regelwerke, von denen man sich wünscht,

dass sie nie eingesetzt werden. Zu diesen zählt die am Montag von

EU-Kommissar Valdis Dombrovskis präsentierte Sanierungs- und

Abwicklungsrichtlinie für Zentrale Kontrahenten (CCP).

In der Finanzmarktregulierung nimmt sie - übrigens umgekehrt

proportional zum öffentlichen Interesse an ihr - eine zentrale

Position ein. Um es in den Worten des interimistischen

Finanzkommissars Dombrovski zu sagen, sie "schließt eine Lücke". Und

was für eine. Laut der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich

(BIZ) wurden Ende Juni ungefähr 62 Prozent aller ausstehenden

Derivate über eine Zentrale Gegenpartei verrechnet (gecleart), vor

allem Zins-, aber auch Kreditderivate, insgesamt mit fast 340 Bill.

Dollar Nominalvolumen. Sollte eine Zentrale Gegenpartei umfallen,

würde dies tatsächlich die in der Finanzkrise viel beschworene

"Kernschmelze" darstellen.

Dass nun zumindest auf dem Papier ein Rahmen für Krisenmanagement

gesteckt wird, ist ehrenwert. Steuergeld soll so geschont werden für

den Fall, dass ungeachtet aller Vorsorge doch ein Teilnehmer eines

Clearinghauses zu viel in Schwierigkeiten gerät und der Zentrale

Kontrahent in eine Schieflage kippt. Doch die Marktteilnehmer sollten

sich nichts vormachen: Der Notfallplan ist eine Folge des von der

Finanzkrise ausgelösten regulatorischen Sturms. Heute gilt es als

Common Sense, das Clearing von Finanzderivaten verringere die Risiken

im Finanzsystem. Ein Unfall wie jener des US-Versicherungsriesen AIG,

der exzessiv Kreditausfallversicherungen gezeichnet hatte und nach

der Lehman-Pleite vom Staat gestützt werden musste, soll durch das

zentrale Verrechnen solcher Derivate verhindert werden. Bis dato gibt

es weltweit nur wenige Clearinghäuser, die in Schieflage gerieten.

Doch aus gesundem Menschenverstand ist zu bezweifeln, dass

Clearing in der Gesamtbilanz Risiken aus dem Finanzsystem nimmt -

dann würde es sie ja wegzaubern. Das ist unwahrscheinlich.

Vernünftiger ist es, Clearing als eines von verschiedenen

Risikominderungskonzepten zu betrachten.

Der Notfallplan der Kommission offenbart, dass es im Ernstfall

auch im Clearing viele Ermessensspielräume geben wird, und die

Koordination einer Reihe Aufsichtsbehörden die Gefahr von

Reibungsverlusten birgt. Auch kommt die Kommission dem Financial

Stability Board (FSB) zuvor, das 2017 dazu internationale Leitlinien

vorlegen und beraten will. Auch hier gilt das Prinzip Hoffnung, dass

nicht global unterschiedliche Standards verankert werden und

regulatorische Arbitrage weg von Europa einsetzt.

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