19.01.2016 20:06:40
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Börsen-Zeitung: Gar nicht so kaputt, Kommentar zur chinesischen
Wirtschaft von Norbert Hellmann
Frankfurt (ots) - Chinas Wirtschaftsstatistiker sind "von der
flotten Truppe". Die Jahreszahlen für das Bruttoinlandsprodukt (BIP)
und was es sonst noch so an Wirtschaftsdatenkränzen zu winden gibt,
werden sehr viel schneller vorgelegt als in den meisten
Industrieländern. Angesichts der gewaltigen Turbulenzen mit
China-Hintergrund, die in den ersten zwei Wochen des neuen Jahres an
den Märkten regiert haben, kann man froh sein, dass die diffusen
Ängste bezüglich eines immer heftigeren Wirtschaftseinbruchs in China
nun einem relativ zeitnahen Reality Check ausgesetzt worden sind.
Und siehe da, wieder einmal riecht es nicht nach Untergang
beziehungsweise der seit mittlerweile zehn Jahren andauernd aufs Neue
prophezeiten "harten Landung" der chinesischen Wirtschaft. Vielmehr
setzt sich jene schleichende Abkühlung fort, die mit dem angestrebten
Übergang zu einer stärker konsumtiv geleiteten und vom
Dienstleistungssektor angetriebenen Volkswirtschaft einhergeht.
Chinas Wachstum ist im vierten Quartal mäßiger als erwartet
ausgefallen und auf 6,8% zurückgeglitten; die Dezemberdaten für
Industrieproduktion, Anlageinvestitionen und Einzelhandel haben sich
eingetrübt. Zumindest in der ersten Jahreshälfte 2016 ist trotz
neuerlicher Regierungsimpulse kaum mit einer wesentlichen Belebung zu
rechnen, aber auch nicht mit Krisenzuständen. Vielmehr kommt es zu
einer Verschiebung der Wachstumspole, wobei der Dienstleistungssektor
um mehr als 8% wächst und dabei höchst positive Beschäftigungseffekte
zeitigt, während die Industrieproduktion kaum noch über
Wachstumsraten von 6% hinauskommen wird. Letzteres wiederum heißt,
dass einige Sektoren in der Schwerindustrie bereits eine regelrechte
Rezession durchmachen - eine für China eher ungewöhnliche
Entwicklung, aber nichts, was man zum Pars pro Toto stilisieren
sollte.
Aus der Sicht eines brasilianischen Rohstoffexporteurs mag Chinas
Wirtschaft gerade dabei sein, völlig vor die Hunde zu gehen, aus dem
Blickwinkel eines koreanischen Softwareentwicklers, der angesagte
Online-Spiele oder Korean Pop Content zu vermarkten hat, könnten die
China-Perspektiven gar nicht versprechender und verlockender sein. An
den Weltfinanzmärkten achtet man natürlich eher auf Eisenerz- oder
Kupferpreise, um sich ein Bild von China zu machen, als die Einnahmen
von Werbeagenturen oder Friseursalons. Aber Erstere drohen
gegenwärtig Schauergeschichten über den Zustand der chinesischen
Wirtschaft zu generieren, die nicht zum Gesamtbild passen.
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