12.03.2015 20:56:47

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Börsen-Zeitung: An die Substanz, Kommentar zur Bilanz der deutschen

Sparkassen von Bernd Wittkowski

Frankfurt (ots) - Auch für die Sparkassen gilt der Karl Valentin

et al. zugeschriebene Satz, dass Prognosen schwierig sind, besonders

wenn sie die Zukunft betreffen. Aber manches ist ja berechenbar. Wenn

ein Asset, das heute aus guten alten Zeiten stammende 4% abwirft, in

drei Jahren fällig wird und neu angelegt werden muss, weiß man, was

es künftig bei Null- und Negativzinsen bringt - oder eben nicht mehr

bringt. Nehmen wir also an, dass Sparkassenpräsident Georg

Fahrenschon mit seiner Prognose, der Zinsüberschuss werde in

höchstens fünf Jahren um 15% sinken, richtig liegt. Dann hätten die

Sparkassen 2019 einen - bis dahin sukzessive steigenden -

Ertragsausfall von 3,5 Mrd. Euro. Das sind 70% des

Vorsteuerergebnisses des vorigen Jahres.

Dabei geht 2014 auch deshalb als außergewöhnliches Jahr in die

Geschichte ein, weil die Kreditrisikovorsorge eine Quantité

négligeable war: 0,3 Mrd. Euro. Zum Vergleich: 2004, nicht mal ein

Annus horribilis, stand in dieser Position eine Belastung von 4,3

Mrd. Euro. Da kann es mithin, je nach Entwicklung von Konjunktur oder

Immobilienmärkten, auch mal wieder in die andere Richtung gehen.

Damit ist zweierlei klar. Erstens: Die EZB lässt mit ihrer

Geldpolitik die Ertragsbasis und letztlich die Geschäftsmodelle jener

Institute erodieren, die sie als Bankenaufsicht zumindest indirekt

überwacht; aber es gibt ja keinen Interessenkonflikt, wie uns

versichert wurde. Zweitens: Die Sparkassen müssen, wie die

allermeisten Banken, reagieren. Sie können sich nicht darauf

verlassen, dass es irgendwann eine Zinswende in Euroland geben wird.

Der Provisionsüberschuss, der bisher keine 30% des Zinsergebnisses

ausmacht, mag an Bedeutung gewinnen, kann aber die Ausfälle auf der

Zinsseite nicht annähernd ausgleichen.

Was bleibt dann? Verzehr mühsam aufgebauter Substanz und Hoffen

auf bessere Zeiten - das wäre wohl schon mit Blick auf die

verschärften regulatorischen Anforderungen keine gute Idee - oder

Drehen an der Kostenschraube. Doch auch Letzteres wird über kurz oder

lang an die Substanz gehen: die Substanz der Volkswirtschaft, zu

deren Stärken hierzulande die flächendeckende Versorgung von

Unternehmen, Selbständigen und Privaten mit Krediten und

Finanzdienstleistungen auf einem hochkompetitiven Markt gehört.

Fahrenschon hat Recht: Man sollte nicht aus Angst vor dem Tod

Selbstmord begehen. Tatsache bleibt aber, dass die EZB mit ihrer

pathologischen Politik dabei ist, die gesunden und bewährten

deutschen Strukturen zu zerstören. Dagegen sollte mal jemand

protestieren, wenn die Notenbank am 18. März ihren Neubau feierlich

einweiht.

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