06.12.2024 15:10:00
|
Mercosur-Abkommen - Österreichs Position seit 2019 eingefroren
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat am Freitag den Abschluss eines Freihandelsabkommens zwischen der EU und den südamerikanischen Mercosur-Ländern verkündet. Es ist aber nur eine grundsätzliche Einigung, denn die EU-Kommission hat zwar das Mandat, im Namen der EU zu verhandeln. Beschlüsse fällen dann aber die EU-Mitgliedsländer im EU-Ministerrat. Bis es so weit ist, kann schnell ein halbes Jahr ins Land ziehen.
Österreich seit 2019 auf Ablehnung fixiert
Österreich ist nach gängiger Auffassung auf eine Ablehnung dieses Abkommens festgelegt. Am 18. September 2019 hatte der EU-Unterausschuss im Nationalrat in einer seltenen Ministerbindung den österreichischen Vertreter zu einem Veto gegen das EU-Mercosur-Abkommen verpflichtet. An der Rechtslage hat sich seither nichts geändert. Allenfalls könnte sich die Frage stellen, ob die damalige Bindung auch für das seither abgewandelte Abkommen noch gilt. Darüber gibt es aber vorerst in Österreich keine Diskussion.
Aus Sicht des Wirtschaftsministeriums "liegt der Ball nach wie vor bei der EU-Kommission". Erst wenn nach der politischen Einigung mit den Mercosur-Staaten ein Vertragstext vorgelegt wurde, könne eine handelspolitische Beurteilung des Abkommensinhalts und aller damit zusammenhängenden rechtlichen Fragen vorgenommen werden, teilte das Ministerium am Donnerstagabend mit. Dabei sei wichtig, dass die Mercosur-Staaten ihren Verpflichtungen im Bereich Umweltschutz nachkommen, insbesondere beim Schutz des Regenwaldes und der Biodiversität. Außerdem dürfe es zu keinen Verzerrungen auf den Märkten für landwirtschaftliche Produkte in der EU durch das Abkommen kommen.
Verfahrensänderung könnte Veto umschiffen
Allerdings könnte eine Verfahrensänderung ein Veto Österreichs - und auch Frankreichs - unwirksam machen. Das große Abkommen zwischen der EU und Mercosur besteht aus zwei Teilen - einem für direkte Handelsvereinbarungen wie etwa Zölle, einem für eher politische Fragen, etwa Zusammenarbeit bei Bildung oder Menschenrechten. Und der Handelsteil fällt in die Kompetenz der EU, für einen Beschluss dazu reicht eine qualifizierte Mehrheit im EU-Ministerrat. Falls die zwei Teile getrennt werden, könnten Österreich und andere Mercosur-kritische Länder wie Frankreich oder Polen in Bezug auf das reine Handelsabkommen überstimmt werden. Die Entscheidung darüber ist noch nicht gefallen.
Völlig offen bleibt in diesem Szenario, was mit dem "politischen" Teil des Mercosur-Abkommens geschieht. Dieser muss im Rat einstimmig beschlossen und in allen nationalen Parlamenten sowie dem EU-Parlament ratifiziert werden, was derzeit angesichts von Widerstand aus einigen Ländern unwahrscheinlich scheint. Unklar ist vorerst, welches Gewicht das Regelwerk ohne politischen Teil hat und wie die südamerikanischen Partnerländer auf diese Teil-Einigung reagieren würden.
Noch viele Fragen offen
Eine weitere Unsicherheit besteht darin, dass in den Mitgliedsländern nicht im Detail bekannt ist, wie das Abkommen nach aktuellem Stand aussieht. Aktuelle Bewertungen beziehen sich auf den Verhandlungsstand von 2019. Schon damals schien eine Einigung erzielt zu sein. Auch jetzt werden noch die Juristen den Text säubern, bevor er in die 24 Amtssprachen übersetzt wird. Aber Eile ist in diesem Zusammenhang ohnehin keine Kategorie: Die ersten Verhandlungen haben 1999 begonnen - vor 25 Jahren.
tsk/tpo
WEB http://www.mercosur.int/
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!