04.07.2014 22:16:59

Lausitzer Rundschau: Zur Diskussion um einen "Akademisierungswahn" in Deutschland / Intelligente Lösungen

Cottbus (ots) - Es ist nicht das Aufbegehren eines abgehobenen Gelehrten im wissenschaftlichen Elfenbeinturm, was den Philosophen Julian Nida-Rümelin dazu treibt, vor einem "Akademisierungswahn" in Deutschland zu warnen. Vielmehr will er eine gesellschaftliche Debatte anstoßen. Natürlich ist eine gute Bildung die Voraussetzung für das berufliche Fortkommen des Einzelnen und die ökonomische Entwicklung in Deutschland allgemein. Der Professor aus München warnt aber vor der undifferenzierten, gleichzeitigen Zerstörung eines Ausbildungs- und Wissenschaftssystems, das in Deutschland historisch gewachsen ist und seit Langem außerordentlich gut funktioniert. Es muss verhindert werden, dass allein junge Menschen nach insgesamt 17-jähriger theoretischer Ausbildung mit einem Masterabschluss in der Tasche die Universität verlassen und dann plötzlich die praktischen Herausforderungen des wirtschaftlichen Alltagsgeschäfts lösen sollen. Nida-Rümelin plädiert für den Erhalt von zwei Bildungssäulen. Das sind die praktische Berufsausbildung auf der einen und die wissenschaftliche Grundlagenforschung auf der anderen Seite. Nichts spricht dagegen, neue Formen der dualen Berufsausbildung zu entwickeln, bei denen betriebliche Praxis und wissenschaftliche Grundlage an einer Hochschule vermittelt werden, wie beim Dualen Studium. Vieles aber spricht gegen ein Universitätsstudium für die meisten und die Berufsausbildung für den kümmerlichen Rest. Unsere Gesellschaft muss wieder lernen, den Wert von praktischer Arbeit mehr wertzuschätzen. Der Meister und der Master sind zwei zwar unterschiedliche, aber gleichberechtigte Komponenten eines funktionierenden ökonomischen Systems. Sie müssen sich gegenseitig ergänzen. Niemand kann wirklich wollen, dass allein Wissenschaftler künftige Praktiker ausbilden. Gleichzeitig wäre es fatal, wenn junge Menschen mit vor allem praktischer Intelligenz die Universitäten verstopfen und frustriert das Studium abbrechen. Das machen in manchen Fächern schon heute fast 40 Prozent. Die Chance auch der neuen Universität Cottbus-Senftenberg besteht darin, intelligente und durchlässige Lösungen für die Ausbildung der Praktiker und der Wissenschaftler von morgen zu finden.

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