09.01.2014 20:45:00
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Lausitzer Rundschau: Wir sind die Schweine Umwelt- und Tierschützer legen "Fleischatlas " vor
Cottbus (ots) - Zu den Begleiterscheinungen von
Industrialisierungsprozessen gehört die besinnungslose Nutzung von
Tieren als Essen. Je besser es Gesellschaften geht, umso mehr greifen
ihre Mitglieder zum Nahrungsmittel Fleisch. Das scheint ein
Naturgesetz zu sein. Fleisch ist ein Statussymbol und ein schneller
Eiweiß-Genuss, allerdings mit Nebenwirkungen. Weil es industriell
hergestellt wird, wird es immer billiger. Nicht aber gesünder für
Mensch und Umwelt. Zum einen verbraucht der zunehmende Fleischkonsum
so viel Land, dass die Ernährung der Menschheit insgesamt gefährdet
wird. Erst recht, wenn sich die Mengen, wie der am Donnerstag
veröffentlichte "Fleischatlas" zeigt, bis Mitte des Jahrhunderts
weltweit noch einmal um 30 Prozent erhöhen werden. Diese Art der
Agrarproduktion trägt zudem erheblich zur Klimaveränderung bei, die
die Anbauflächen zusätzlich verkleinert. Das betrifft vor allem die
Südhalbkugel. Bei uns sorgt die industrielle Mast für eine Belastung
der Umwelt etwa mit Antibiotika und Hormonen im Wasser und mit Gülle
oder Gestank. Am schlimmsten aber ist die Art, wie die Tiere
gezüchtet, in Massenställen gehalten und dann geschlachtet werden.
Man schämt sich fast, Geschöpf zu sein, wenn man weiß, wie hier mit
Mitgeschöpfen umgegangen wird. Gnadenlos, gedankenlos, bedenkenlos.
Aktuell wächst der Fleischkonsum vor allem in Asien drastisch. Bevor
man sich hierzulande nun angesichts der in Deutschland leicht
sinkenden Zahlen entspannt zurücklehnt und auf die Schwellenländer
weist: Noch sind wir die Schweine. Jedenfalls in Europa. Noch
verbraucht jeder Deutsche rund 60 Kilogramm Fleisch pro Jahr, also
jeden Tag ungefähr ein 170-Gramm-Steak. Vom Baby bis zum Greis. Das
ist fast doppelt so viel wie ein Chinese, drei Mal so viel wie ein
Afrikaner. Noch werden für Sojalieferungen in unsere Mastanlagen
Brandrodungen in Urwäldern vorgenommen, noch haben wir europaweit die
höchsten Schlachtzahlen (jeden Tag zwei Millionen Tiere), noch sind
wir der größte Fleischexporteur des Kontinents. Und eine Trendumkehr
ist absolut nicht absehbar. Die Grünen haben bei ihrem
Veggie-Day-Vorschlag schmerzhaft die Lektion lernen müssen, dass die
industrielle Fleischproduktion eine mächtige Lobby hat. Fleisch ist
auch bei uns ein Wohlstandssymbol, das im Wahlkampf sogar als
Freiheitssymbol hochstilisiert werden konnte. Nie wieder nur
Sonntagsbraten, sondern jeden Tag Schnitzel und Schenkel so viel man
will für 99 Cent je 100 Gramm im Sonderangebot. All you can eat. Das
ist das politische Versprechen. Niemand will sich die Wurst vom Brot
nehmen lassen. Schon gar nicht vom Staat. Verständlich. Aber jeder
sollte sich schon fragen, ob er eigentlich manchmal auch nachdenkt,
wenn er reinbeißt.
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