20.10.2013 17:50:58

Lausitzer Rundschau: Die SPD auf dem Weg in die Große Koalition: Aufgeblasene Backen

Cottbus (ots) - Der Geist von Gerhard Schröder scheint durch das Willy-Brandt-Haus zu wehen. So selbstbewusst, oder besser: so selbst überschätzend positioniert sich die Sozialdemokratie derzeit für die am Sonntagnachmittag beschlossenen Koalitionsverhandlungen mit der Union. Wie Schröder bei seinem legendären TV-Auftritt nach der knapp verlorenen Bundestagswahl im Jahr 2005. Man hat nicht den Eindruck, dass die Genossen das Wahlergebnis vom 22.September tatsächlich verstanden haben. Zur Erinnerung: Die SPD hat ihr zweitschlechtestes Resultat bei Bundestagswahlen eingefahren, mehr als 15 Prozent trennen sie von der Union. Sie bläst aber die Backen auf wie der strahlende Gewinner. Ein Wort der Selbstkritik am eigenen Wahlkampf und der eigenen inhaltlichen Strategie ist in den vier Wochen nach dem Urnengang kaum zu hören gewesen. Stattdessen wird wie gestern viel von Augenhöhe und vom Politikwechsel geredet, den man jetzt in den Verhandlungen mit der Union erreichen will. Nur hat der Bürger diesen Wechsel erkennbar mehrheitlich nicht gewählt, also auch nicht gewollt. Etwas mehr Demut seitens der Sozialdemokraten wäre daher durchaus angebracht. Gleichwohl kann man verstehen, weshalb die Spitzengenossen so auftrumpfen und der Union eine Forderung nach der anderen präsentieren. Sigmar Gabriel & Co. müssen der eigenen Basis die Koalition mit der ungeliebten Merkel-Partei schmackhaft machen, in dem sie die Umsetzung politischer Kernforderungen zur Voraussetzung für ein Bündnis erheben. Mindestlohn, Finanztransaktionssteuer, Nein zu sozialen Einschnitten - für die Union wird in den nächsten Wochen die eine oder andere Kröte dabei sein, die sie schlucken soll. <EA>Der Trumpf der SPD ist: CDU/CSU haben keinen anderen Partner in Aussicht, nachdem die Grünen sich (erst einmal) von Schwarz-Grün verabschiedet haben. Das lässt die Sozialdemokraten stärker erscheinen, als sie in Wahrheit sind. Allerdings ist es in der Politik ähnlich wie beim Skat: Wer sein Blatt überreizt, verliert am Ende. Soll heißen: Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass in der Union jeder bereit ist, die Große Koalition um jeden Preis einzugehen. Ein schwarz-rotes Bündnis ist in beiden Lagern kein Selbstläufer. Das belegt die heftige Kritik des immer noch starken Wirtschaftsflügels bei CDU und CSU an einem Mindestlohn von 8,50 Euro. Auch Angela Merkel wird noch ihre liebe Mühe und Not haben, von den Sozialdemokraten geprägte Ergebnisse gegenüber ihrer Basis zu vertreten. Im Moment wird nicht mehr darüber geredet, aber die Neuwahl-Option liegt immer noch auf dem Tisch, wenn inhaltlich nicht überzeugend passend gemacht werden kann, was an vielen Stellen noch nicht passt. Und würde sie gezogen werden wegen sich selbst überschätzender Genossen, muss man kein Prophet sein, um zu ahnen, wer die Wahl erneut gewinnen dürfte: Angela Merkel.

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