29.01.2019 16:15:00
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Grasser-Anwälte mit Vorwürfen gegen Ankläger - Verleumdungsverdacht
Grassers Anwalt Norbert Wess führte heute gleich zu Beginn des Prozesstages aus, dass die Staatsanwälte ein "Schattenverfahren" führen und das Recht seines Mandanten auf ein faires Verfahren gemäß der Europäischen Menschenrechtskonvention verletzen würden. Die beiden Ankläger der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft würden Amtsmissbrauch begehen, etwa indem sie die Protokolle von Zeugeneinvernahmen deutlich verspätet in den Akt aufnähmen.
Zur Untermauerung seiner Vorwürfe legte er "gutachterliche Stellungnahmen" von sieben Strafrechtsprofessoren vor, die laut Wess ebenfalls alle zu dem Ergebnis kommen, dass das Vorgehen der Staatsanwaltschaft klar dem Gesetz widerspreche und "eine Strafbarkeit wegen des Missbrauchs der Amtsgewalt im Raum steht".
Es geht dabei um Ermittlungen der Staatsanwälte zur Frage, ob Grasser bei der Privatisierung der Bundeswohnungen wirklich den maximal erzielbaren Erlös betrieb. Das war ursprünglich Teil der Anklage, wurde aber vorerst nicht angeklagt und ist daher nicht Gegenstand dieses Prozesses. Das Oberlandesgericht Wien hat diesbezüglich die Staatsanwaltschaft mit weiteren Ermittlungen beauftragt. Im Zuge dieser Ermittlungen seien auch Zeugenbefragungen notwendig gewesen, etwa von Grassers ehemaligen Kabinettschef Heinrich Traumüller, erläuterte Staatsanwalt Alexander Marchart.
Der Staatsanwalt kündigte an, den von Wess eingebrachten Antrag der Oberstaatsanwaltschaft vorzulegen. Diese solle sowohl die Vorwürfe gegen die Staatsanwälte prüfen, als auch ob die Anwälte durch ihre Behauptungen nicht Verleumdung begangen hätten. In einer Prozesspause legte Grassers Anwalt Manfred Ainedter vor Journalisten noch mal nach, und warf ebenfalls den Staatsanwälten mutmaßlich rechtswidriges Verhalten vor. Er glaube, dass die Staatsanwaltschaft hier endgültig den Boden der Rechtsstaatlichkeit verlassen habe.
Ruhig verliefen dann die Protokollberichtigungen. Da ging es etwa darum, dass im Protokoll ursprünglich stand, jemand sei "kein großer industrieller Anleger". Das wurde jetzt berichtigt auf "institutioneller Anleger". Weiter heißt es jetzt im Protokoll, "Die Aufgabe von Hochegger war es, dafür eine fee (Gebühr, Anm.) zu nehmen". Ursprünglich war im Protokoll aufgezeichnet worden, die Aufgabe Hocheggers sei es, "viel zu nehmen". Ähnliche Hörfehler und Unklarheiten wurden von der vorsitzführenden Richterin Marion Hohenecker heute auf Antrag von Grassers Verteidigern ausgebessert.
Schließlich wurde heute noch einmal das Faktum Telekom behandelt. Ex-FPÖ-Generalsekretär Walter Meischberger und der Lobbyist Peter Hochegger haben dazu die Rolle Grassers (FPÖ/ÖVP) und der Meinl-Bank bei der angedachten Telekom Austria-Vollprivatisierung unterschiedlich dargestellt. Laut Hochegger habe Meischberger das Projekt im Auftrag Grassers begleitet. Meischberger habe ihm damals gesagt, "Karl-Heinz und ich haben überlegt, dich in ein Projekt einzubinden". Die Telekom Austria hätte mit Hilfe der Meinl Bank voll privatisiert werden sollen.
Meischberger widersprach, Grasser habe zwar schon grob Bescheid gewusst, aber es sei nicht in Grassers Interesse gewesen. Widersprüchlich waren auch die Angaben über die Umfragen über Grasser: Laut Hochegger habe Grasser wissen müssen, dass nicht er die Umfragen bezahle. Bezahlt wurden die Umfragen mit Geld der Telekom Austria. Meischberger hingegen sagte, Grasser hätte gar nicht interessiert, von wo das Geld für die Umfragen gekommen wäre.
Der Prozess wird morgen, Mittwoch, mit dem neuen Anklagefaktum des Betrugsverdachts gegen Meischberger bei der Räumung seiner Villa in Wien-Döbling fortgesetzt.
(Schluss) gru/stf/kan
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