08.07.2017 12:13:42
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G20: Polizei befürchtet nach Krawallnacht weitere Ausschreitungen
HAMBURG (dpa-AFX) - Nach der zweiten heftigen Krawallnacht in Hamburg rechnet die Polizei auch zum Abschluss des G20-Gipfels am Samstag mit gewaltsamen Protesten. Die Gewalttäter würden sich mit hoher Wahrscheinlichkeit unter die Demonstration "Grenzenlose Solidarität statt G20" mischen, erklärte Meyer. "Es ist davon auszugehen, dass erneut kein friedlicher Protest möglich sein wird." Zu der Demonstration, die auch von autonomen und linksextremen Gruppen unterstützt wird, versammelten sich am Mittag mehrere Tausend Menschen. Insgesamt werden bis zu 100 000 Menschen erwartet.
Die Aufräumarbeiten kamen nach den heftigen Ausschreitungen im linksalternativen Hamburger Schanzenviertel schnell voran. Die Proteste waren am späten Freitagabend eskaliert. Zunächst konnten Randalierer mehrere Stunden lang an der Straße Schulterblatt frei gewähren. Ein Laden der Drogerie-Kette Budnikowsky und ein Rewe-Supermarkt wurden geplündert.
Danach ging die Polizei mit einem massiven Aufgebot und Spezialkräften gegen mehrere hundert Randalierer vor. Mit gepanzerten Fahrzeugen wurden brennende Barrikaden weggeschoben. Die Polizei setzte Wasserwerfer und Tränengas ein. Im Laufe der Nacht beruhigte sich die Lage. Vereinzelt kam es in den frühen Morgenstunden noch zu Flaschenwürfen auf Polizeifahrzeuge.
"G20: Eine solche Nacht darf sich in unserem Rechtsstaat nicht wiederholen!", twitterte die Gewerkschaft der Polizei (GdP). Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach sprach von "bürgerkriegsähnlichen Zuständen".
Hamburgs CDU-Oppositionschef André Trepoll warf Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) vor, bei der Einschätzung der Sicherheitslage rund um den G20-Gipfel versagt zu haben. Die Lagebewertung des rot-grünen Senats habe sich bereits am ersten Tag als völlig falsch erwiesen. "Wie kam es zu der Einschätzung, man könne den Gipfel mit dem Hafengeburtstag gleichsetzen?" Weshalb Scholz seine "markige Sicherheitsgarantie" für den Gipfel nicht habe halten können, müsse im Zentrum der politischen Aufarbeitung stehen. Scholz äußerte sich sehr besorgt über die schweren Ausschreitungen und forderte gewalttätige Demonstranten zum sofortigen Rückzug auf.
Ein Großteil der Warenhäuser und Geschäfte in der Hamburger Innenstadt blieb am Samstag geschlossen, wie City-Managerin Brigitte Engler der Deutschen-Presse-Agentur sagte. Ladenschließungen seien von den Geschäftsleuten mit dem Schutz der Mitarbeiter angesichts der Bilder aus der Krawallnacht begründet worden.
Die Polizei griff bei den schweren Krawallen nicht früher ein, weil sie nach eigenen Angaben um das Leben ihrer Beamten fürchtete. Die Polizei habe Erkenntnisse gehabt, dass Gehwegplatten auf Dächern abgelegt und Brandflaschen vorbereitet worden seien. Während des Einsatzes sei mit Stahlkugeln auf Polizisten geschossen worden, sagte Sprecher Timo Zill. "Es ging eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben der Polizeibeamten aus. Wir wollten nicht schlecht vorbereitet in das Schanzenviertel gehen und die Räumung nicht durchbekommen."
Die Randalierer hatten eine Spur der Verwüstung hinterlassen: Zerstörte Fahrräder, Mülltonnen, Steine und Trümmer lagen auf der Straße, Fensterscheiben waren eingeschlagen. Es roch nach verbranntem Plastik. Auf dem Rollladen eines Geschäfts stand "Chaostage Hamburg".
Bei den gewaltsamen Protesten wurden nach Angaben der Hamburger Polizei bisher mindestens 213 Beamte verletzt (Stand: 10.00 Uhr). In der Krawallnacht zum Samstag seien 43 Menschen festgenommen und 96 in Gewahrsam genommen worden. Seit Beginn des Polizeieinsatzes am 22. Juni wurden den Polizeiangaben zufolge bisher insgesamt 143 Menschen fest- und 122 in Gewahrsam genommen. Zur Zahl der verletzten Demonstranten konnten weder Polizei noch Feuerwehr Angaben machen.
Andreas Blechschmidt vom linksautonomen Kulturzentrum "Rote Flora" distanzierte sich von den Gewaltexzessen. "Wir haben den Eindruck gehabt, dass sich hier etwas verselbstständigt hat, dass hier eine Form von Militanz auf die Straße getragen wurde, die sich so ein bisschen an sich selbst berauscht hat - und das finden wir politisch und inhaltlich falsch", sagte Blechschmidt dem NDR.
Zum Abschluss des G20-Gipfels am Samstag in Hamburg erwartet zudem die Initiative "Hamburg zeigt Haltung" 20 000 bis 30 000 Demonstranten bei ihrer Veranstaltung (12.00 Uhr), die am Hafenrand entlang bis zum Fischmarkt führen soll. Hinter "Hamburg zeigt Haltung" steht ein breites Bündnis von Kirchen und Religionsgemeinschaften, Gewerkschaften, SPD, Grünen und Künstlern./ran/DP/zb
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