31.03.2019 14:46:41
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Deutliche Gegensätze bei Organspende-Vorstößen im Bundestag
BERLIN (dpa-AFX) - In der Debatte um neue Regeln für Organspenden werden zwei gegensätzliche Vorschläge aus dem Bundestag konkreter. Eine parteiübergreifende Gruppe von Abgeordneten um Grünen-Chefin Annalena Baerbock warb am Sonntag für verbindliche regelmäßige Befragungen der Bürger und ein bundesweites Online-Register. Die Parlamentarier von Union, SPD, FDP, Linken und Grünen stellten sich erneut klar gegen eine andere fraktionsübergreifende Gruppe, die ihre Pläne an diesem Montag näher vorstellen will. Diese Abgeordneten um Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) streben eine "doppelte Widerspruchslösung" an, bei der künftig jeder bis auf Widerruf als Spender gelten würde.
Die Gruppe um Baerbock betonte in einer Stellungnahme: "Wir wollen die Organspende nach dem Tod als eine bewusste und freiwillige Entscheidung beibehalten und stärken, die nicht durch den Staat erzwungen werden darf. Die Selbstbestimmung über den eigenen Körper ist ein zentrales Element menschlicher Würde." Die Widerspruchslösung wecke aber Ängste und senke das Vertrauen in die Organspende. Statt "Stillschweigen als eine Freigabe der eigenen Organe zu bewerten", sei es zielführender, eine stets widerrufbare Entscheidung zu registrieren, verbindliche Information und bessere Aufklärung zu gewährleisten und die Auseinandersetzung mit dem Thema zu fördern.
Konkret schlagen die zehn Parlamentarier in dem Papier vor, dass die Bürger Erklärungen zur Organspende beim Ausweisabholen - also spätestens alle zehn Jahre - in das Register eintragen können. Dafür sollen Ausweisstellen verpflichtet werden, Bürger beim Beantragen von Papieren Informationsmaterial zu geben und beim Abholen zum Eintragen ins Register aufzufordern. Dies soll auch vor Ort möglich sein, sofort oder später. Die Erklärung soll zudem jederzeit online zu ändern sein. Die Ämter sollen nicht selbst beraten, aber auf Beratungsmöglichkeiten bei Hausärzten hinweisen. Eine solche Regelung wird ebenfalls für Ausländerbehörden vorgeschlagen.
In der Erklärung angeben könnte man wie bisher bei Spendeausweisen Zustimmung, Ablehnung, Ausschluss oder Auswahl bestimmter Organe und eine Übertragung der Entscheidung auf eine andere Person. Wer sich nicht entscheidet, soll auch nicht registriert werden. "Die Freiheit zu einer Entscheidung über diese zutiefst persönliche Frage muss ohne Zwang erhalten bleiben", heißt es in dem Papier. Unterzeichnet haben es neben Baerbock auch Kirsten Kappert-Gonther (Grüne) sowie Heribert Hirte und Karin Maag (beide CDU), Stephan Pilsinger (CSU), Hilde Mattheis und Ulla Schmidt (SPD), Christine Aschenberg-Dugnus und Otto Fricke (FDP) sowie Kathrin Vogler (Linke). Daneben unterstützt unter anderem auch Linke-Chefin Katja Kipping die Initiative.
Das Konzept der Gruppe um Spahn sieht dagegen vor, dass jeder als Spender gelten soll. Man soll dazu aber noch Nein sagen können, sonst sind - als doppelte Schranke - Angehörige zu fragen. Vorgeschlagen wird nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur, dass alle ab 16 Jahren ausführlich informiert und als Spender registriert werden - außer sie widersprechen. Sie sollen ihre Entscheidung auch jederzeit revidieren können. Bisher sind Organentnahmen nur bei ausdrücklich erklärtem Ja erlaubt. Viele schieben eine Entscheidung dazu aber auf.
Nach Informationen der "Bild am Sonntag" sieht der Entwurf ein zweistufiges Verfahren vor: Stelle ein Arzt den Hirntod fest, solle er in einem neuen Register einen möglichen Widerspruch gegen eine Organspende abfragen. Ist dies nicht der Fall, solle er danach noch den nächsten Angehörigen fragen, ob ihm ein schriftlicher Widerspruch oder ein zu Lebzeiten erklärter Wille des Patienten bekannt sei. Ist auch das nicht der Fall, sei der Patient automatisch Organspender. Vorgesehen sei in dem Konzept zudem, alle Bürger über 16 Jahre dreimal mit Info-Material über die Organspende-Regeln aufzuklären.
Gemeinsames Ziel der beiden widerstrebenden Initiativen im Bundestag ist, angesichts von fast 10 000 Patienten auf den Wartelisten zu mehr Organspenden zu kommen. Nach langem Abwärtstrend stieg deren Zahl zuletzt erstmals wieder deutlich. Im vergangenen Jahr überließen 955 Menschen nach ihrem Tod Organe für andere schwerkranke Patienten. Das war ein Plus von 20 Prozent im Vergleich zu 2017. Unabhängig von dieser Debatte gelten von Montag an neue gesetzliche Regeln, um die Bedingungen für Organspenden in Kliniken zu verbessern - mit höheren Vergütungen und mehr Freiraum für Transplantationsbeauftragte./sam/DP/he
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