DAX
25.04.2013 16:41:33
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Börse Frankfurt-News: "Korrekturen am Aktienmarkt" (Hüfners Wochenkommentar)
Seit vier Wochen gehen die Kurse am deutschen Aktienmarkt unter Schwankungen zurück. Inzwischen liegen sie 5 Prozent unter dem Höchststand von Mitte März. Ist das die bekannte "Sell in May and Go Away"-Bewegung, die viele erwartet hatten und die bald wieder vorbei sein wird? Oder wird hier das Ende der nun vier Jahre dauernden Hausse eingeleitet?
Rein optisch sind Korrekturen wie die jüngste nichts ungewöhnliches (siehe Grafik). Aufschwungphasen vollziehen sich nie gradlinig. Diesmal ist die Volatilität besonders hoch, weil der Markt primär von der Liquidität getrieben wird. Der Kursrückgang kann daher durchaus noch einige Zeit anhalten. Er kann sogar noch ausgeprägter werden. 2012 ermäßigten sich die Kurse - etwa zur gleichen Jahreszeit - über sieben Wochen um insgesamt 16 Prozent. 2011 stürzte der Dax sogar um 32 Prozent ab. Danach ging der Aufschwung aber wieder weiter.
Für ein längeres Anhalten der Korrekturphase sprechen fundamentale Gründe. Die Weltwirtschaft befindet sich in einer akuten Schwächephase. Indiz dafür ist die stark rückläufige Nachfrage nach Rohstoffen. Die Preise für Kupfer, Öl und zuletzt besonders spektakulär für Gold sind in den vergangenen Wochen um 15 Prozent bis 20 Prozent gefallen. Hinzu kommt die Diskussion über ein Ende der ultralockeren Geldpolitik in den USA. Sie verunsichert die Investoren, weil die Liquidität bisher der wichtigste Treiber der Kursentwicklung war. Die Eurokrise hält unverändert an, siehe die schwierige Regierungsbildung in Italien und die problembehaftete Lage in Frankreich. Die europäischen Banken befinden sich immer noch im Krisenmodus. Nach der Bank of Cyprus wird jetzt über die slowenischen Banken gesprochen.
Last, but not least verunsichert die globale Uneinigkeit über die politischen Prioritäten. So viel Gegensätzlichkeiten gab es selten. Die Japaner setzen auf monetäre Expansion, die Amerikaner auf fiskalpolitische Impulse und die Europäer sind beidem gegenüber skeptisch und zielen auf Konsolidierung und Reformen. Das spiegelt weniger die unterschiedlichen Gegebenheiten in den einzelnen Ländern wider, sondern ist Ausdruck einer generellen Orientierungslosigkeit der Politik. Das wirkt sich natürlich negativ auf die Erwartungen der Investoren aus. Dazu kommen dann so wenig überlegte Eingriffe in den internationalen Geldverkehr wie die Abgabe auf zypriotische Bankeinlagen.
Interessant ist, dass die negativen Einflüsse auf den deutschen Aktienmarkt vor allem aus dem westlichen Ausland kommen. Sie sind Folge eines grundlegenden Misstrauens angelsächsischer Anleger gegenüber Europa, vor allem gegenüber Deutschland. Das zeigt sich daran, dass der DAX morgens meist freundlich eröffnet. Im Verlauf des Nachmittags (wenn die Börsen in den USA zu handeln beginnen) geben die Kurse dann nach.
Die Korrekturphase an den Aktienmärkten ist daher mehr als die übliche "Sell in May"-Bewegung. Aber ebenso erwarte ich nicht, dass die Hausse damit schon zu Ende ist. Nach einer Pause werden die Aktienkurse wieder steigen.
Fünf Argumente dafür:
Erstens befindet sich die Welt nach der großen Finanz- und Eurokrise in einer Reparaturphase. Es werden Korrekturen durchgeführt, die die Volkswirtschaften eines Tages besser machen werden. In Europa werden Defizite abgebaut und die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt. Japan versucht die Phase der Deflation zu beenden. In den USA werden öffentliche Defizite reduziert. Der Bonus aus diesen Reparaturarbeiten wird sich am Ende in höheren Unternehmensgewinnen zeigen. Er wird in Europa und Japan am größten ausfallen, da dort die Fehlentwicklungen am größten waren. Das haben die Märkte noch nicht voll eingepreist.
Zweitens: Die Weltwirtschaft wächst weiter. In China hat das Expansionstempo zwar abgenommen. Die reale Wirtschaftsleistung wird aber weiter um 7 Prozent bis 7,5 Prozent zunehmen.
Drittens ist die Hausse an den Aktienmärkten bisher weit hinter früheren derartigen Aufschwüngen zurückgeblieben. In den letzten vier Jahren sind die Kurse um 80 Prozent gestiegen. In der Zeit von 2003 bis 2007 betrug die Steigerung über 100 Prozent, in der New Economy um die Jahrtausendwende sogar noch mehr.
Viertens werden die günstigen monetären Bedingungen unabhängig von allen Diskussionen, die jetzt geführt werden, noch eine Weile anhalten. Das begünstigt Aktien gegenüber Renten.
Fünftens schließlich ist in den Vorhöfen des Kapitalmarkts noch viel Geld vorhanden. Die privaten Haushalte haben derzeit lediglich 250 Milliarden Euro. in Aktien angelegt (= 5 Prozent des Geldvermögens). Am Ende der vorhergehenden Hausse waren es 370 Milliarden Euro, im Jahr 2000 sogar über 500 Milliarden Euro. Drei Schlussfolgerungen für den Anleger
Zum Einen: Was wir im Augenblick erleben, ist eine ganz normale Atempause am Aktienmarkt. So etwas gibt es immer wieder. Kalkulieren Sie das mit ein, wenn Aktien derzeit als einzig sinnvoller Anlagealternative in Zeiten niedriger Zinsen empfohlen werden. Vor allem, sichern Sie sich dagegen ab. Zum Zweiten: Die Korrekturphase am Kapitalmarkt kann noch eine Weile andauern. Wenn sie so stark ist wie vor einem Jahr, würde der DAX bis auf 6.800 Punkte sinken. Wenn sie so wie im August 2011 ausfällt, würde der DAX sogar bis auf unter 6.000 gehen. Zum Dritten: Das ist aber nicht das Ende der Hausse. Ich halte an meiner Prognose fest, dass der DAX in diesem Jahr auch noch einen Indexstand von 8.500 erreichen kann.
Anmerkungen oder Anregungen? Martin Hüfner freut sich auf den Dialog mit Ihnen: redaktion@deutsche-boerse.com.
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© 25. April 2013 /Martin Hüfner
Dr. Martin W. Hüfner ist Chief Economist bei Assenagon. Viele Jahre war er Chefvolkswirt der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank AG und Senior Economist der Deutschen Bank AG. Er leitete fünf Jahre den renommierten Wirtschafts- und Währungsausschuss der Chefvolkswirte der Europäischen Bankenvereinigung in Brüssel. Zudem war er über zehn Jahre stellvertretender Vorsitzender beziehungsweise Vorsitzender des Wirtschafts- und Währungsausschusses des Bundesverbandes Deutscher Banken und Mitglied des Schattenrates der Europäischen Zentralbank, den das Handelsblatt und das Wallstreet Journal Europe organisieren. Dr. Martin W. Hüfner ist Autor mehrerer Bücher, unter anderem "Europa - Die Macht von Morgen" (2006), "Comeback für Deutschland" (2007), "Achtung: Geld in Gefahr" (2008) und "Rettet den Euro!" (2011).
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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